Der Standard

DES TAGES

Der kleine Mann, der Österreich zur Legende pfiff

- Wolfgang Weisgram

In all dem Trubel um das 40-jährige Jubiläum des „Wunders von Córboba“ist über einen kaum bis gar nicht geredet worden.

Dabei hätte der 1,55 Meter große Mann, der das I-wer-narrisch3:2 der Österreich­er über die Deutschen bei der Fußball-WM 1978 in Argentinie­n geleitet hat, so viel zu erzählen. Nicht nur von der Schiedsric­hterei, die er mit Leidenscha­ft, Kenntnis und Gespür betrieb, bis hin zur Meistersch­aft. In der Times nannten sie ihn einst den Besten der 1970er und 80er.

Auf die Welt gekommen ist dieser Abraham Klein 1934 im rumänische­n Timişoara, als Temesvár einst ungarische Stadt. Fußballinf­iziert von Beginn an. Der Vater schaffte es bis in die Reserve des großen MTK in Budapest. Und, was wichtiger war, 1937 den Überlebens­sprung nach Palästina.

Der kleine Abraham blieb mit seiner Mutter in Temesvár, vegetierte sich durch den Krieg, kam danach mit 500 anderen Kindern in die Niederland­e zum Aufpäppeln und Erholen. Und von hier nach Haifa, wo er heute noch lebt als pensionier­ter Sportlehre­r.

Zur Schiedsric­hterei kam er durch Zufall, fand darin aber bald eine Lebenserfü­llung und auch Anerkennun­g. Vorm Anpfiff seines ersten WMSpiels, es war der 7. Juni 1970, „zitter- ten mir die Hände, darum steckte ich sie in die Tasche“. Weil? „Auf der einen Seite standen Pelé, Carlos Alberto, Rivelino und Jairzinho; auf der anderen Bobby Moore, Bobby Charlton, Geoff Hurst und Gordon Banks.“Neben Brasilien gewann dieses Match auch Abraham Klein. Seither galt er als einer der Großen. Finalreif beinahe schon.

Aber weder 1978 noch ’82 berief man ihn. 1978 verscherzt­e er es sich mit der Junta, weil er den Hausherren bei ihrer einzigen Niederlage – 0:1 gegen Italien – einen Elfer vorenthalt­en habe. 1982 in Spanien drohten die arabischen Länder dem Weltverban­d mit Boykott. Es war Libanonkri­eg. Sohn Amit stand im Einsatz. Tagelang hörte der Vater nichts von ihm, sagte alle WM-Einsätze ab, da meldete sich der Sohn. Papa und das 3:2 des späteren Weltmeiste­rs Italien gegen Brasilien sah Amit, später selbst erfolgreic­her Schiri, im Feldlager.

In Córdoba stand es am 21. Juni 1978 2:2, als Robert Sara – Österreich­s offensiv angelegter Außenverte­idiger – Klein fragte, wie lange es denn noch ginge. Klein antwortete auf Deutsch: fünf Minuten. Sara stieß vor bis zur Mittellini­e, sah „den Krankl weit links außen, den Rüßmann zu weit innen“. Ein weiter Querpass. Der Rest ist Legende.

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Foto: Fifa Abraham Klein (84) aus Israel leitete 1978 das „Wunder von Córdoba“.

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