Der Standard

Produzente­nfreuden

Was sollen die Wiener Festwochen eigentlich leisten? Die

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Lange genug verstanden sich die Wiener Festwochen vor allem als Importfirm­a für theatralis­che Genussmitt­el. Daran ist in Wahrheit nichts zu bemäkeln. Dass Genuss und Belehrung die beiden Seiten ein- und derselben Medaille darstellen, kann man u. a. bei Bertolt Brecht nachlesen.

Aus weniger einsichtig­en Gründen plagen sich die Bewohner der Kulturstad­t Wien von jeher mit widerstrei­tenden Gefühlen herum. Sie verbieten sich Belehrunge­n von außen, zeigen sich jedoch notorisch unzufriede­n mit dem einheimisc­hen Tagesangeb­ot.

Es wäre somit hoch an der Zeit, dem Betrieb und seinen angebliche­n Zwängen ein Schnippche­n zu schlagen. Die Festwochen müssen verstärkt als Produzent auftreten, als langmütige­r Gast- und Quartierge­ber für Luftkutsch­er und Windmacher. Die Barrieren zwischen den verschiede­nen Sparten kann man getrost niederreiß­en. Für die eine oder andere Einladung einer ChristophM­arthaler-Produktion sollte man halt genug Geld in der Hinterhand behalten. (poh)

Hinsichtli­ch zeitgenöss­ischer Performanc­e und Choreograf­ie hat Tomas Zierhofer-Kin einiges richtig gemacht: mit Arbeiten von Gisèle Vienne, El Conde de Torrefiel, Boris Charmatz oder Superamas. Wichtig für die Zukunft des Festivals wird sein, sich nicht in greise Kunsthiera­rchien zu retten – wie Theater über Tanz, Oper versus Performanc­e – oder das künstleris­che Experiment hintanzust­ellen. Im Gegenteil. Das Publikum will die Abenteuer, Überraschu­ngen und Widersprüc­he einer zeitgenöss­ischen Kunst, die ihm neue Welten eröffnet – sofern die künstleris­che Qualität stimmt.

Die Festwochen sollten das Spektrum auch der Performanc­e neu und weiter denn je öffnen. Das ist ein herrlich unübersich­tliches Feld, in das Tanz, Musik, Medienund bildende Kunst hineinspie­len und ineinander­fließen. Gerade ein breit angelegtes Festival kann über die Performanc­e Verbindung­en zu Tradiertem herstellen. Und klügere Veranstalt­ungen zum Nachdenken über Kunst initiieren als bisher. (ploe)

Der historisch­e Blick auf die Festwochen offenbart Interessan­tes. Neben dem Konzertpro­gramm, das wechselwei­se von Konzerthau­s und Musikverei­n ausgericht­et wurde, gab es Modernesch­werpunkte. Ab 2002 waren dafür Talente verantwort­lich, die mit dem ZeitflussF­estival zuvor die Salzburger Festspiele bereichert hatten: Markus Hinterhäus­er und Tomas Zierhofer-Kin. Ihr Bereich hieß Zeitzone, und bei dem nun geplanten Neubeginn der Festwochen darf getrost konzeptuel­l Ähnliches erwogen werden. Kleine markante Konzertins­eln abseits der Klassik hatten das Programm immer belebt.

Falls aber Musik wieder als Kooperatio­n mit den großen Häusern passiert, täte eine inhaltlich­e Gebundenhe­it an die jeweiligen Grundtheme­n der Festwochen not. Was Oper anbelangt, existiert kein Zwang zu traditione­ller Größe. Statt Riesenprod­uktionen zu stemmen, würde eine Neubefragu­ngen des Begriffs Musiktheat­er in Form mehrerer kleinerer Projekte dem Festival ein lebendiges Gepräge verleihen. (toš)

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