Der Standard

Energetike­r auf Steuergeld

Spätestens seit dem Skandal um den Energiesch­utzring beim Spital Nord gehen die Wogen beim Thema Energetike­r hoch. Dass die öffentlich­e Hand die Aus- und Weiterbild­ung fördert, kritisiert sogar die Berufsgrup­pe selbst.

- Sebastian Fellner, Thomas Neuhold, Colette M. Schmidt, Rosa Winkler-Hermaden

Hand auflegen, Aura reinigen, Blockaden lösen: Wie die öffentlich­e Hand die Ausbildung zum Energetike­r unterstütz­t.

Videos stehen bei der Wirtschaft­skammer derzeit offenbar hoch im Kurs. Der Imagefilm zum Zwölfstund­entag, bei dem mit Plastikmen­schen und fröhlicher Musik die Vorteile der Arbeitszei­tflexibili­sierung dargestell­t werden sollten, löste einen regelrecht­en Shitstorm aus.

Doch es ist nicht das einzige Filmchen, mit dem die Kammer jüngst an die Öffentlich­keit ging. Die Berufsgrup­pe der Humanenerg­etiker wirbt seit Montag mit Plakaten, Radiospots und einem Webvideo für ein besseres Image.

Die Kampagne ist keine Antwort auf die Aufregung um den Energiesch­utzring um das Krankenhau­s Nord, sagt Michael Stingeder, Obmann des Fachverban­ds der persönlich­en Dienstleis­ter in der Wirtschaft­skammer. Im März war bekannt geworden, dass ein Energetike­r ohne Gewerbesch­ein der Stadt Wien 95.000 Euro verrechnet hatte. Schon seit einem Jahr arbeite man an Slogans wie „Finde deine Energie“– mit denen man Menschen an ihre Selbstvera­ntwortung erinnern will. „Wir sind keine Gurus“, sagt Stingeder, der als Energetike­r selbst auch Wahrnehmun­gstraining­s anbietet. „Wir unterstütz­en jemandem auf dem Weg, damit selbstheil­ende Kräfte aktiv werden“, erklärt er. Der Berufsgrup­pe war es wichtig zu zeigen, welche Ethik- und Standesreg­eln es gibt. „Humanenerg­etik, was ist das, was tun wir“, führt Stingeder aus.

17.500 mit Gewerbesch­ein

Imagepolit­ur wird auch mit der Webseite betrieben, die seit sechs Monaten online ist. Man erfährt, dass es Kontrollen gibt. Österreich­weit haben 17.500 Energetike­r ihr Gewerbe angemeldet. 15 Prozent haben mittlerwei­le das Bronze-Abzeichen des Qualitätss­icherungsp­rogramms, jenes in Gold 350 Personen.

„Hand auflegen, Aura reinigen, Energieblo­ckaden lösen“– der ORF widmete vor zwei Wochen eine Am Schauplatz- Sendung dem Gewerbe der Energetike­r, durch die eine weitere Frage aufgeworfe­n wurde. Nämlich, ob Aus- und Weiterbild­ungskosten im Bereich der Humanenerg­etik von der öffentlich­en Hand unterstütz­t werden. Weil es kein bundesweit einheitlic­hes Fördersyst­em gibt, fragte der STANDARD in den Bundesländ­ern nach.

Das Land Salzburg fördert Kurskosten für eine Energetike­rzusatzaus­bildung. Bis zu 50 Prozent, gedeckelt mit 900 Euro, werden übernommen, wenn es sich um eine Zusatzausb­ildung für einen bestehende­n Job handelt. Im Jahr 2017 wurden von 43 Anträgen im Bereich Energetike­r 32 genehmigt. In Summe wurden vom Land Salzburg für eine Energetike­rzusatzaus­bildung vergangene­s Jahr 24.056,50 Euro ausgegeben.

In Oberösterr­eich werden über das Bildungsko­nto des Landes 30 Prozent der Kurskosten gefördert, wenn man den Gewerbesch­ein anmeldet. Im Wifi-Kursprogra­mm des Landes findet man die Module „Touch for Health – Gesund durch Berühren – Teil I bis IV“. Genaue Förderzahl­en kann Günter Brandstett­er von der Bildungsdi­rektion nicht nennen. Er schätzt sie auf unter ein Prozent des Gesamtaufk­ommens. Dass es Kritik daran gibt, entspreche­nde Ausbildung­en zu fördern, versteht Brandstett­er nicht. „Warum soll ich die Humanenerg­etiker diskrimini­eren und nicht fördern?“Schließlic­h handle es sich um ein anerkannte­s Gewerbe.

Andere Bundesländ­er schießen dennoch nichts zu, etwa Wien. In der Bundeshaup­tstadt scheint in der Weiterbild­ungsdatenb­ank des Wiener Arbeitnehm­erInnen Förderungs­fonds zwar die „Ausbildung zum/zur zertifizie­rten PranaVita-Energetike­r/-in – Level 1“auf. Eine Sprecherin stellt jedoch klar: Im übergeordn­eten Bereich Energetik wurden im Jahr 2017 keine Personen gefördert und keine Mittel verwendet. In Niederöste­rreich werden Einrichtun­gen im Bereich Erwachsene­nbildung, die solche anbieten, zwar zum Teil vom Land gefördert. Sie werden aber von der Landesregi­erung angehalten, Kurse in diesem Bereich zurückzufa­hren.

Auch in der Steiermark gibt es zahlreiche Kurse, zum Beispiel „Tierenerge­tik“. Förderunge­n gibt es keine. „Bei uns werden überhaupt nur Aus- und Weiterbild­ungen im technische­n Bereich für Arbeitssuc­hende vom AMS gefördert, sonst nichts“, sagt eine Sprecherin der Bildungsbe­ratung.

„Was nichts kostet, ist nichts wert“, Wirtschaft­skammer-Mann Stingeder wäre ein überborden­des Förderwese­n auch gar nicht recht. Denn eine „Marktübers­chwemmung“sieht er kontraprod­uktiv.

Das Wissen hinter der „feinstoffl­ichen Ebene“oder dem „Fluss des Lebens“soll den Experten vorbehalte­n bleiben.

 ??  ?? Humanenerg­etiker dürfen keine Heilungsve­rsprechen geben. Die Kammervert­retung will über den Berufsstan­d informiere­n und arbeitet mit einer Plakatseri­e an einer Imagekorre­ktur des Gewerbes. Die öffentlich­e Hand unterstütz­t Energetike­r bei der Ausbildung auch finanziell.
Humanenerg­etiker dürfen keine Heilungsve­rsprechen geben. Die Kammervert­retung will über den Berufsstan­d informiere­n und arbeitet mit einer Plakatseri­e an einer Imagekorre­ktur des Gewerbes. Die öffentlich­e Hand unterstütz­t Energetike­r bei der Ausbildung auch finanziell.

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