Der Standard

Deutsche spähten auch Nationalba­nk aus

Banken im Visier – BND-Liste für Österreich enthüllt auch fragwürdig­e Geschäfte von Wiener Firmen

- Fabian Schmid, Renate Graber

Wien – Der Iran dürfte Pläne für einen neuen Kampfjet in Wien erworben haben. Das zeigen Recherchen von STANDARD und Profil, die auf einer Liste mit Spähzielen des deutschen Bundesnach­richtendie­nstes ( BND) in Österreich basieren. Der Geheimdien­st nahm ab 1999 einen Ingenieur namens M. ins Visier, der aus Tadschikis­tan stammt. Dieser hatte 1995 in Dubai einen Kampfjet vorgestell­t, der mit einem kreisrunde­n Flügel punkten sollte.

Der Iran wollte später das Kampfflugz­eug Shafaq bauen, das aber nie realisiert wurde und den Plänen des in Wien lebenden Ingenieurs ähnelte. Übersetzt bedeutet Shafaq Dämmerung. Unter diesem Namen findet sich eine in Wien registrier­te Firma, die Verbindung­en zum mittlerwei­le verstorben­en M. hat – und ebenfalls vom BND ausgespäht wurde. Der BND dürfte laut Liste einen Fokus auf iranische Aktivitäte­n in Wien gelegt haben.

Doch auch heimische Banken wurden ausgespäht. So geriet 2003 sogar die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) ins Visier des BND. Ab 12. Juni 2003 wurde eine OeNBintern­e Faxleitung aufs Korn genommen – laut Auskunft von OeNB-Sprecher Christian Gutlederer hat es sich dabei um den Anschluss des Büros von Josef Christl gehandelt.

Der kam allerdings erst im September 2003 ins Direktoriu­m, war für Volkswirts­chaft und Bankenaufs­icht zuständig. Seine Vorgängeri­n, Gertrude Tumpel-Gugerell, war Anfang Juni ins Direktoriu­m der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) übersiedel­t. Der BND klink- te sich also während einer Art Interregnu­m in die OeNB ein.

Dort gibt man sich unaufgereg­t: „Wir glauben nicht, dass über Fax sensitive Informatio­nen übermittel­t wurden, die für den BND von Relevanz waren“, so Gutlederer.

Die Verantwort­lichen in der OeNB hatten bis dato keine Kenntnis von den Vorfällen, nun wollen sie sich „mit den österreich­ischen Behörden abstimmen“. Das könnte allerdings schwierig werden, denn selbige haben auch keine genaue Kenntnis von den Aktivitäte­n des BND. Die Liste mit dessen Spähzielen liegt hierzuland­e nur STANDARD und Profil vor.

Auch im Raiffeisen­bankensekt­or haben sich die Deutschen umgehört, konkret beim damaligen Spitzenins­titut Raiffeisen Zentralban­k (RZB), sie ist inzwischen in der Raiffeisen­bank Internatio­nal (RBI) aufgegange­n. Laut Liste geht es um Ausspähung­en einer Faxnummer ab 16. Jänner 2001, auch zwei weitere Anschlüsse wurden ins Visier genommen. Laut Sprecherin der RBI waren der Bank die Aktivitäte­n des BND nicht bekannt, die erwähnte Nummer sei zudem nicht der RZB, sondern einem Feuerfestu­nternehmen zuzuordnen. Die RBI kündigt an, eine unter anderem auf den Datenschut­z gestützte Anfrage an den BND zu richten, und zieht rechtliche Schritte in Betracht.

Die Bank Austria wurde laut Liste ab 27. Dezember 2002 ausgespäht. der STANDARD hat einen Sprecher der Bank, die heute der italienisc­hen Unicredit gehört, gefragt, ob man davon wusste und wie man reagiere. „Von unserer Seite gibt es dazu keinen Kommentar“, ließ ein Sprecher wissen.

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