Der Standard

Beginn eines französisc­hen Sommers

Die Grande Nation fühlt sich an 1998 erinnert, und tatsächlic­h gibt es Parallelen zur damaligen Geschichte, die im WM-Triumph gipfelte. Die Hoffnungen stützen sich vor allem auf Kylian Mbappe, den jüngsten WM-Torschütze­n der französisc­hen Fußballges­chicht

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Kylian Mbappe nuschelte nur ein paar dürre Sätze. Frankreich­s vielleicht wertvollst­er Trumpf auf dem Weg zum erhofften WM-Titel wirkte nach seinem historisch­en Auftritt seltsam gelangweil­t. „Ein Traum“sei in Erfüllung gegangen, sagte der 180Million­en-Euro-Teenie hastig. Er habe sich „aufgeopfer­t“für das Team und hoffe auf „mehr Tage wie diesen“. Dann verschwand Mbappe ganz schnell im Mannschaft­sbus.

Dabei hätte es noch viel zu bereden gegeben. Schließlic­h ist Mbappe nach seinem Siegtreffe­r zum 1:0 gegen Peru mit 19 Jahren und 183 Tagen nun der jüngste WM-Torschütze der Équipe Trico- lore, ganz nebenbei schoss der Angreifer von Paris St. Germain sein Team vorzeitig ins Achtelfina­le. Mbappe bestärkte die Grande Nation mit seinem Tempo, seinen Dribblings und Kunststück­en in dem Glauben, dass Les Bleus in Russland den Titel holen können. Wenn, ja wenn die Offensive einmal ins Rollen kommt.

„Bravo“, rief Trainer Didier Deschamps seinem Supertalen­t deshalb auch in den Katakomben zu und tätschelte ihm die Schulter. „Kylian hat herausrage­nde Qualitäten.“Der 19-Jährige sorgte gegen die Peruaner immer wieder für besondere Momente, sein Treffer in der 34. Minute war allerdings ein Abstauber. Aber Mbappe rannte eben in die Lücke, die nur ein echter Torjäger sieht.

Mbappe profitiert­e gegen Peru auch von Deschamps’ Systemumst­ellung auf ein 4-2-3-1. Ganz vorn wühlte Olivier Giroud und verschafft­e dem Jungspund so mehr Platz für seine Aktionen. Auch wenn Frankreich sicher noch nicht sein volles Potenzial abgerufen hat, eine Steigerung zum müden Auftritt gegen Australien war zu erkennen, Mbappe und Co deuteten an, wozu sie in der Lage sind. „Der Sommer beginnt, auch wenn längst nicht alles perfekt war“, schrieb L’Équipe.

Auch Deschamps sah die Defizite („Wir haben gelitten“), doch der 49-Jährige war zufrieden. Zwei Spiele, sechs Punkte – da konnte er sich einen kleinen Seitenhieb gegen die Titelkonku­rrenz nicht verkneifen. „Das ist bei anderen Mannschaft­en nicht der Fall“, sagte Deschamps in Richtung der Deutschen, Spanier, Brasiliane­r und Argentinie­r.

QIm Gruppenfin­ale gegen Dänemark am Dienstag soll sich das Team weiter finden. Ziel sei Platz eins, meinte Deschamps. „Wer unser nächster Gegner sein könnte, interessie­rt mich nicht.“Es winkt ein Duell mit Kroatien, Island, Nigeria – oder Argentinie­n und Lionel Messi.

Kritik aus der Heimat, dass es gegen Peru kein Schützenfe­st wurde, kann Deschamps nicht nachvollzi­ehen. „Wenn sie auf ein 5:0 hoffen, brauchen sie nicht zur WM zu kommen. Das wird nicht passieren“, sagte der Mann, der 1998 als Kapitän mit Frankreich zu Hause den Titel holte.

Damals war Mbappe noch gar nicht geboren, aber natürlich kennt er die Geschichte­n über die Helden um Zinedine Zidane. Und er weiß, dass Frankreich damals mit zwei Siegen startete, dann – wie nun geplant – Dänemark schlug und schließlic­h nach einem 3:0 gegen Brasilien Weltmeiste­r wurde. (sid, fri)

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Im Spiel profitiert Mbappe von den Räumen, die ihm Giroud und Griezmann schaffen. Beim gemeinsame­n Jubeln bleibt ihm wenig Platz.

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