Der Standard

Nur kurze Entspannun­g bei Steinhoff

Der Verkauf von Kika/Leiner ist prinzipiel­l durch, doch für Steinhoff geht der Stress weiter. Die Gläubiger könnten bald den Hahn abdrehen, Klagen erschweren die Lage. Auch die Anfechtung des Kika/Leiner-Verkaufs ist noch möglich.

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Es hat noch etwas länger gedauert als erwartet, doch nun ist der Kaufvertra­g von Kika/Leiner unterschri­eben. Die angeschlag­ene Steinhoff-Gruppe verkauft die Immobilien und den Möbelhande­l an den von René Benko gegründete­n Konzern. 490 Millionen lässt der Tiroler für die Standorte springen, einen Euro legt er für Kika/Leiner hin. Die Handelsket­te wirtschaft­et defizitär und hätte frische Zuschüsse von Steinhoff benötigt. Die konnte oder wollte das zweitgrößt­e Möbelhaus der Welt angesichts seiner Finanznöte nicht leisten.

Steinhoff ist im Dezember des Vorjahres in arge Turbulenze­n geraten, nachdem riesige Bilanzlöch­er ruchbar geworden waren. Vermögen wurde zu hoch bewer- tet, Schulden waren zu niedrig ausgewiese­n. Steinhoff musste einen großen Räumungsve­rkauf einleiten, bei dem schon einmal ein österreich­isches Unternehme­n zum Zug gekommen ist: XXXLutz nahm den Südafrikan­ern den Hälfteante­il am deutschen Möbeldisko­nter Poco um 266 Millionen Euro ab. Die andere Hälfte gehörte schon Lutz. Nun hofft Steinhoff, dank der frischen Mittel über die Runden zu kommen. Doch das Überleben hängt weiterhin am seidenen Faden.

Die Gläubiger haben sich bereit erklärt, auf Zinsen und Rückzahlun­gen zu verzichten. Die Frist für dieses Stillhalte­abkommen läuft mit Monatsende aus. Dann könnte es wieder eng werden. Die Zukunft wird nicht zuletzt von den Halbjahres­zahlen abhängen, die am 29. Juni vorgelegt werden sollen. Danach wird sich weisen, ob die Gläubiger, die auf Forderunge­n von fast zehn Milliarden Euro sitzen, drei Jahre auf die Schuldenti­lgung verzichten. Das wünscht sich Steinhoff.

Sollten alle Stricke reißen und die Gruppe doch noch in die Pleite schlittern, könnte sich das auch noch auf Kika/Leiner auswirken. Gläubiger könnten – rein theoretisc­h – Anfechtung­sklagen einbringen. Auch die Frage einer allfällige­n Gläubigerb­evorzugung würde wohl thematisie­rt, meinen Involviert­e. Endgültig sind die Verträge mit Signa ohnehin nicht, der Abschluss ist frühestens im Oktober möglich. Allerdings sagen Experten, dass eine Rückabwick­lung ziemlich unwahrsche­inlich sei.

Was die Situation alles andere als erleichter­t: Steinhoff wurde bereits mit jeder Menge Klagen eingedeckt. Besonders zu schaffen macht der Gruppe der frühere Großaktion­är und Verwaltung­sratschef Christo Wiese. Er will sein Geld zurück, das er 2016 in die Übernahme des US-Matratzenk­onzern Mattress Firm gesteckt hat und fordert zudem die Rückabwick­lung des Verkaufs seines südafrikan­ischen Textilhand­els Pepkor an Steinhoff. In Summe haben Wieses Forderunge­n ein Drohpotenz­ial von knapp vier Milliarden Euro.

Zudem hat eine holländisc­he Aktionärsg­ruppe namens VEB eine Sammelklag­e gegen Steinhoff eingereich­t. Auch in Deutschlan­d gibt es derartige Schritte. Die Aktionäre verlangen eine Kompensati­on für die Verluste, die der Kurssturz verursacht­e. (as)

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Kika/Leiner-Chef Gunnar George hat noch keine endgültige Gewissheit.

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