Der Standard

Athen erleichter­t über finale Einigung

Griechenla­nd ist nach acht Jahren aus dem KreditTunn­el. Oder fast. Athen erhält eine letzte Rate und mehr Zeit zur Rückzahlun­g. Einen Schuldensc­hnitt gibt es nicht. Kritiker sprechen von Konkursver­schleppung.

- Markus Bernath

Wenn Griechenla­nd seine ersten Milliarden an Zinsen zahlt, wird Alexis Tsipras schon ein Elder Statesman sein, ein 60-jähriger Politiker, der vielleicht mit etwas Verwunderu­ng an seine Sturm-und-DrangZeit gegen die Gläubiger seines Landes zurückdenk­t. Nochmals zehn Jahre Aufschub hat Tsipras’ Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos bei den Verhandlun­gen in der Eurogruppe für den Beginn der Kreditrück­zahlungen herausgeho­lt. Statt wie ursprüngli­ch festgelegt im Jahr 2023 soll Athen nun erst ab 2033 die Schulden bei den Geldgebern der EU begleichen. Dabei geht es zunächst um 131 Mrd. Euro und jährlich eine Mrd. Euro Zinsen.

Die Verhandlun­gen der Finanzmini­ster der Eurogruppe in Luxemburg, die Donnerstag­nachmittag begannen und bis Freitagmor­gen dauerten, brachten den Abschluss der acht Jahre langen Ära der Kredithilf­e und auferlegte­r Sparprogra­mme. 260 Mrd. Euro wandte Europa für die Rettung Griechenla­nds auf. Alexis Tsipras nannte in Athen die Einigung historisch. Das dritte und nunmehr letzte Kreditprog­ramm endet am 20. August.

Durchatmen

Die Verlängeru­ng der gewährten Kredite und die Atempause für die Rückzahlun­g gilt als Erfolg für die linksgefüh­rte griechisch­e Regierung. Sie war Anfang 2015 noch mit den Verspreche­n angetreten, das Joch der Gläubiger abzuschütt­eln und die Austerität­spolitik zu beenden. Ein halbes Jahr später musste sie sich beu- gen, unterschri­eb einen weiteren, dritten Rettungskr­edit und setzte eine lange Serie von Spar- und Reformmaßn­ahmen um, die von den Vorgängerr­egierungen blockiert worden waren.

Polster für zwei Jahre

Die Eurogruppe sagte der griechisch­en Regierung nun eine letzte Tranche von 15 Mrd. Euro zu. Etwas weniger als zwölf Mrd. werden dabei für das „Polster“verwendet, das Griechenla­nd zur Sicherheit haben soll, wenn das Land nach August wieder an den Finanzmark­t geht, um Geld aufzunehme­n. 6,5 Mrd. Euro hatte Athen bereits zur Seite gelegt. Insgesamt werde das Land einen Puffer von 24 Mrd. Euro haben, womit es knapp zwei Jahre auslangen könnte, erklärte Mario Centeno, der Präsident der Eurogruppe.

Griechenla­nd wird dafür weiter unter Aufsicht der Kreditgebe­r stehen. Sie wollen darüber wachen, dass die Regierung in Athen keine der Reform- und Sparentsch­eidungen rückgängig macht und weiter einen Primärüber­schuss erwirtscha­ftet – ein Plus von jährlich 3,5 Prozent bis 2023 und 2,2 Prozent bis 2060. Verhandelt wird zudem immer noch über mögliche weitergehe­nde Schuldener­leichterun­gen. Griechenla­nds Schuldenbe­rg hat 317 Mrd. Euro erreicht – fast doppelt so viel wie die Wirtschaft­sleistung des Landes. Tsipras‘ linker Ex-Finanzmini­ster Yanis Varoufakis ebenso wie Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW) sprachen am Freitag von einer „Konkursver­schleppung“Griechenla­nds.

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