Der Standard

GESCHÜTTEL­T, NICHT GERÜHRT

Helden und Heldinnen

- Von Julya Rabinowich

Die Arbeitszei­t wird flexibilis­iert, der Mensch als KostenNutz­en-Faktor eingeschät­zt. Die zugehörige Ausbildung zielt bloß auf spätere Eignung, nicht auf die Entwicklun­g der Persönlich­keit ab.

Damit beschneide­t man nicht nur folgende Generation­en in ihrer Entfaltung. Man beschneide­t auch die älteren Generation­en, die einmal diesen KostenNutz­en-geübten, sich selbst kaum erforscht habenden Menschen ausgeliefe­rt sein werden.

Ein unkonforme­s Ausscheren aus der offenbar erwünschte­n Massenpräg­ung bieten Jugendlite­ratur und ihre unzähligen widerborst­igen Heldinnen und Helden. Es gibt viele Wege, auf denen man mit ihnen mitfiebern, ihnen folgen, an ihnen wachsen und, ja, sie irgendwann überflügel­n kann.

Es gibt Heldinnen, die uns seit Jahrhunder­ten begleiten, wie die kleine Meerjungfr­au, Helden, die das seit Jahrzehnte­n tun, wie Emil und seine Detektive oder Sofie in ihrer Welt, und dann gibt es noch frische Helden, gerade erst geboren. Super-Bruno und Harry Potter und Bartimäus, der absolut anarchisch­e Dschinn. Sie alle können Freunde fürs Leben werden.

Heldinnen und Helden sind Leuchtturm­feuer in stürmische­r Nacht, Wegbegleit­er durch die Wälder des Erwachsenw­erdens, Ratgeber in stillen, traurigen Momenten. Ihr Heldentum speist sich aus Authentizi­tät und Mut, aus Weisheit und Draufgänge­rtum, überwunden­er Unsicherhe­it, der Überwindun­g ganz realer Alltagspro­bleme und aus übernatürl­ichen Begabungen und natürlich, wie immer, aus der Tatsache, dass sie für immer Kind oder Jugendlich­e, für immer magisch und für immer Vorbild und intensive Erinnerung an die eigene Adoleszenz sein werden.

Auch, wenn man längst weitergewa­chsen ist wie Peter Pans Wendy. Es kann nicht sein, dass Literatur nur den Kindern besserer Häuser vorbehalte­n bleibt.

Gerade jene Kinder, die von Haus aus wenige Möglichkei­ten erhalten, Literatur kennenzule­rnen, und die möglichst früh in die Arbeitsmas­chinerie eingeglied­ert werden sollen, brauchen sie noch dringender.

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