Die Moscheen, die doch nicht geschlossen sind
In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am 8. Juni verkündeten Bundeskanzler, Vizekanzler, Innen- und Kultusminister, dass sieben Moscheen geschlossen wurden und dutzende Imame ausgewiesen werden sollen. Das alles geschehe im Zeichen des Kampfs gegen den „politi
schen Islam“. Eine der geschlossenen Moscheen soll der rechtsextremen Gruppierung Graue Wölfe nahestehen, geschlossen wurde sie aber aus formalen Gründen: Sie war nicht angemeldet. Mittlerweile ist das Gebetshaus wieder offen, es wird von der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) betrieben.
Die übrigen sechs Moscheen sind über mehrere Bundesländer verteilt, die genauen Standorte aber nicht bekannt. Ihre Schließung erfolgt, weil der Trägerverein, die Arabische Kultusgemeinde, vom Innenministerium aufgelöst wird. Grund dafür sind unter anderem auch Formalia: Die IGGÖ schreibt eine Mindestzahl von zehn Moscheen für eine Kultusgemeinde vor, die Arabische hat aber nur sechs. Außerdem soll der Verein der IGGÖ nicht wie vorgeschrieben seine Finanzunterlagen geschickt haben. Laut der Arabischen Kultusgemeinde sind ihre Gebetsräume aber weiterhin offen. Die Vereinsführung hat gegen den Auflösungsbescheid Beschwerde eingelegt.
Abgesehen vom Formellen sieht das Kultusamt in den geschlossenen Moscheen aber auch salafistische Tendenzen: Tonaufnahmen von Predigten eines Imams zeigten eine „wortwörtliche Auslegung der Glaubensquellen“, die das Kultusamt als „salafistisch“einstuft. Laut Kultusgemeinde handle es sich um zwanzig Jahre alte Aufnahmen, der Imam habe sich mittlerweile geändert.
Nicht zuletzt könnte die IGGÖ selbst infolge der Moscheenschließungen vor einem Umbruch stehen: Präsident Ibrahim Olgun muss sich nächste Woche einer Vertrau
ensabstimmung stellen. Ihm wird vorgeworfen, die Schuld an den Moscheen-Schließungen zumindest mitzutragen. Olgun gehört einer türkischen Fraktion an, die von der Auflösung der Arabischen Gemeinde im IGGÖ-internen Machtgefüge profitiert. (red)