Der Standard

US-Regierung plant Lager auf Flugplätze­n

Um seine Antieinwan­derungspol­itik durchzuset­zen, will US-Präsident Donald Trump zehntausen­de Migranten in Zeltstädte­n auf unbenutzte­n Start- und Landebahne­n der Luftwaffe interniere­n.

- Frank Herrmann aus Washington

Die US-Regierung will offenbar Zeltlager auf alten Flugplätze­n errichten, um bis zu 25.000 illegal ins Land gekommene Migranten unterzubri­ngen. Nach Berichten amerikanis­cher Medien, die sich wiederum auf ein geheimes Memorandum des Militärs berufen, sollen nicht mehr oder kaum noch benutzte Startund Landebahne­n der Luftwaffe in Kalifornie­n, Alabama und Arizona in Internieru­ngslager umfunktion­iert werden. In der Nähe von San Francisco sei zudem eine Zeltstadt für bis zu 47.000 Menschen geplant.

Ein Sprecher des Pentagons wollte entspreche­nde Pläne zwar nicht bestätigen, räumte aber ein, dass man sich auf eine Reihe von Szenarien vorbereite. Präsident Donald Trump stellte unterdesse­n auf einer Kundgebung in Las Vegas klar, dass er trotz eines Rückzieher­s in Sachen Familientr­ennung nicht daran denke, Grundsätzl­iches an seiner restriktiv­en Einwanderu­ngspolitik zu ändern. „Sichere Grenzen, keine Krimina- lität, das sind unsere Themen“, sagte er, während er der demokratis­chen Opposition naive Blauäugigk­eit vorwarf.

„Ihr Thema sind offene Grenzen, damit sich MS-13 übers ganze Land verbreiten kann.“MS-13, ein Bandensynd­ikat mit Wurzeln in El Salvador, steht in seinem Weltbild symbolisch für die angebliche­n Schrecken, die der Zustrom von Migranten aus Lateinamer­ika mit sich bringt.

Weitgehend unklar bleibt indes, was an praktische­n Schritten folgt, nachdem Trump eine Anordnung zurücknahm, nach der Einwandere­rfamilien an der Grenze zu Mexiko getrennt worden waren. Die Eltern waren in Haftanstal­ten, ihre Kinder in Auffanglag­er gekommen.

Verwirrung und Chaos

Mehr als 500 von über 2300 Kindern seien inzwischen wieder bei ihren Familien, teilte das Heimatschu­tzminister­ium am Wochenende mit. Anwälte klagen indes über hohe bürokratis­che Hürden bei der Zusammenfü­hrung. Jackie Speier, eine demokratis­che Kongressab­geordnete aus Kalifornie­n, sprach nach einer Reise in die texanische Grenzstadt McAllen von Behördench­aos und Verwirrung.

Im Übrigen habe die Regierung mit der massenhaft­en Inhaftieru­ng unter allen denkbaren Varianten die härteste gewählt. „Wir reden von Menschen. Viele von ihnen haben Angehörige in den USA.“Statt sie einzusperr­en, hätte man sie auch zu Verwandten ziehen lassen und ihnen elektronis­che Fußfesseln anlegen können, um sie später jederzeit ausfindig zu machen.

Die Kompromiss­losigkeit – offiziell: die Nulltolera­nz – des Weißen Hauses, das Magazin Time hat sie mit einer Fotomontag­e auf seinem Titelblatt illustrier­t. Zu sehen ist ein weinendes Mädchen aus Honduras, auf das Trump von weit oben heruntersc­haut, ohne irgendeine Regung erkennen zu lassen. Daneben eine sarkastisc­he Zeile: „Willkommen in Amerika“.

Das Originalbi­ld war entstanden, als ein Grenzbeamt­er die Mutter der zweijährig­en Yanela abtastete und die Kleine ratlos und ängstlich zuschaute. Ein Schnappsch­uss, an dem sich die Geister scheiden, wie so oft in der US-Migrantend­ebatte.

Für Demokraten und Menschenre­chtsgruppe­n ist die Szene, am 12. Juni in McAllen vom preisgekrö­nten Reporter John Moore fotografie­rt, Symbol für eine als unmenschli­ch empfundene Ein- wanderungs­politik. Für etliche Republikan­er und den Präsidente­n selbst steht das Motiv dagegen für eine fiese Kampagne der „FakeNews-Medien“. Tatsächlic­h waren Mutter und Tochter nicht getrennt und separat untergebra­cht worden. Wie der Vater des Mädchens, Denis Varela, Journalist­en in Honduras erzählte, warten beide gemeinsam in einer texanische­n Haftanstal­t auf die Prüfung ihres Asylgesuch­s.

Politstrei­t um Kinderfoto

Prompt sah das Weiße Haus die Gelegenhei­t zur Gegenattac­ke. Es sei „schändlich, wie die Demokraten und die Medien“das Foto ausschlach­teten, wetterte Regierungs­sprecherin Sarah Sanders. Dabei hatten weder Moore noch die meisten Zeitungen behauptet, Yanela und ihre Mutter seien getrennt worden. Die Annahme sei berechtigt gewesen, sagt Moore. Im Gespräch mit Time schiebt er hinterher: „Alles, was ich in dem Moment wollte, war, dieses Mädchen in den Arm zu nehmen.“

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In San Diego in Kalifornie­n bildeten Demonstran­ten eine Menschenke­tte um ein Gefängnis, um gegen die Trennung der Migrantenk­inder von ihren Eltern zu protestier­en.
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Foto: AFP/Baradat Sorgt für Aufregung: das Cover des Magazins „Time“.

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