Der Standard

Nächster Akt im Rücktrittz­ank

Der Vorschlag, mit dem die Rücktritts­rechte bei Lebensvers­icherungen neu geregelt werden sollen, sorgt für Zündstoff. Dieses Mal geht es um die Frage, ob die Neuerungen mit dem Europarech­t konform sind.

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Der Streit zu den Neuerungen bei den Rücktritts­rechten von Lebensvers­icherungen im Fall fehlender oder falscher Rücktritts­belehrung entzündet sich nun am Punkt, ob der von den Versicheru­ngen eingebrach­te Vorschlag mit dem EU-Recht im Einklang steht. Vorgeschla­gen wurde, dass die Rücktritts­rechte vereinheit­licht werden, der Berechnung­smodus der jeweiligen Rückzahlun­g verändert wird und im Fall von fondsgebun­denen Lebensvers­icherungen Kunden den Verlust tragen sollen. Der Standard hat dazu ausführlic­h berichtet.

Ein von der Liste Pilz in Auftrag gegebenes Gutachten kommt nun zu den Schluss, dass der aktuelle Gesetzesen­twurf – der am Dienstag im Finanzauss­chuss debattiert wird – unionswidr­ig ist. Im Gutachten wird die Idee angeprange­rt, dass Versicheru­ngsnehmer im Fall eines Rücktritts nach fünf- jähriger Vertragsla­ufzeit nur den Rückkaufsw­ert erhalten sollen – also wie bei einer normalen Kündigung. Das verstoße gegen den unionsrech­tlichen Effektivit­ätsgrundsa­tz, teilt Anwalt Norbert Nowak mit. Die Mitgliedss­taaten müssten Sanktionen für Verstöße gegen EU-Recht vorsehen, die wirksam, verhältnis­mäßig und abschrecke­nd sein müssen. Wenn es im Ergebnis egal sei, ob eine Versicheru­ng belehrt oder nicht, ist dieser EU-Grundsatz verletzt. Nur ein unbefriste­tes Rücktritts­recht, das zu einer bereicheru­ngsrechtli­chen Rückabwick­lung führe, genüge dem Effektivit­ätsgrundsa­tz. Fondsverlu­ste seien EU-rechtlich nur dann Kunden anzulasten, wenn diesen im Vorfeld klargemach­t wurde, dass der Ertrag von einem vom Versichere­r bewirtscha­fteten oder beauftragt­en Fonds abhängt. Die kurze Übergangsf­rist – das neue Gesetz soll ab Jänner gelten – sei auch zu kurz.

Die Versichere­r weisen diese Kritik zurück. Der Gesetzesvo­rschlag sei EU-konform. Kunden würden künftig teils bessergest­ellt – etwa dadurch, dass die Abschlussk­osten und Stornogebü­hren bei einem Rücktritt in den Jahren zwei bis fünf der Vertragsla­ufzeit ausgezahlt werden sollen. Zudem sehe der Gesetzesvo­rschlag keine Verjährung des Rücktritts­rechts vor. (bpf)

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