Psychische Belastung kostet Jobs
Auch 2017 häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit
Wien – Das tatsächliche Pensionsantrittsalter bleibt in Österreich weiterhin niedrig. Männer gingen im Vorjahr im Schnitt mit 60,9 Jahren in Pension, Frauen mit 59 Jahren. Gegenüber 2016 ergibt sich nur ein geringfügiger Anstieg bei den Männern, zeigt der Jahresbericht 2017 der Pensionsversicherungsanstalt.
Was weiteren Stoff für die aktuelle Arbeitszeitdebatte liefert: Bei Menschen, die arbeitsunfähig werden und ein Rehabilitationsgeld beziehen, bleiben psychiatri- sche Erkrankungen das allergrößte Problem. Fast 70 Prozent der Bezieher fallen in diese Kategorie.
Da man die Kontrollen intensiviert habe, gehe man davon aus, dass es kaum noch Missbrauch im Zusammenhang mit derartigen Genehmigungen gebe, sagte PVAObmann Manfred Anderle, der das Phänomen auf den gestiegenen Druck in der Arbeitswelt zurückführt. Kritik am Zwölfstundentag äußerten am Mittwoch auch zahlreiche Wissenschafter. (red)
Werde ich mit meiner Pension einmal über die Runden kommen? Wie hoch wäre mein Anspruch derzeit schon? Für diese Fragen interessieren sich offenbar immer mehr Versicherte. Allein im ersten Quartal des heurigen Jahres gab es eine halbe Million elektronische Abfragen zum Pensionskonto. Zum Vergleich: Im ganzen Vorjahr waren es nur 200.000, wie der Generaldirektor der Pensionsversicherung (PVA), Winfried Pinggera, anlässlich der Präsentation des PVA-Jahresberichts erklärte.
Was sich im Bericht bestätigt: Der Kostendruck auf das Pensionssystem hat in den vergangenen Jahren deutlich nachgelassen. Dank guter Beschäftigungszahlen fiel der Bundeszuschuss im Vorjahr um 1,5 Milliarden Euro niedriger aus als noch 2013. Beim Pensionsantrittsalter hat sich wenig getan. Frauen gehen weiter im Schnitt mit 59 Jahren, Männer mit 60,9 Jahren, was einen minimalen Anstieg gegenüber 2016 bedeutet.
Mehr für die Männer
Im Schnitt bekommen Männer in Österreich nun brutto 1469,40 Euro Pension, Frauen 912,37 Euro. Freilich gibt es enorme Unterschiede je nach Pensionsart. Wer noch die Hacklerregelung nutzen konnte, kommt auf durchschnittlich 2335 (Männer) beziehungsweise 1552 Euro (Frauen).
Bei der Invaliditätspension liegen die Ansprüche nur bei 1194 (Männer) beziehungsweise 812 Euro (Frauen). Das Thema Berufsunfähigkeit ist auch eines, das die PVA seit Jahren beschäftigt. Seit 2014 bekommen Menschen, die zumindest sechs Monate berufsunfähig sind, nicht sofort die Invaliditätspension, sondern ein Rehabilitationsgeld – mit dem Ziel, diese Personen doch wieder in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Insgesamt bezogen 2017 etwas mehr als 20.000 Menschen ein solches Rehabilitationsgeld. Die PVA wendete dafür eine knappe Milliarde Euro auf.
Sieht man sich die Gründe an, warum diese Personen ihren Job nicht mehr ausüben können, zeigt sich: Psychiatrische Erkrankungen bleiben das mit Abstand größte Problem. Fast 70 Prozent der Rehabgeldbezieher fallen in diese Kategorie. Detailanalysen liegen zwar nicht vor, sehr häufig gehe es aber um Depressionen sowie um Alkoholismus und die damit verbundenen Probleme, meint PVAObmann Manfred Anderle.
Genauer begutachten
In der Vergangenheit gab es – vor allem von Arbeitgeberseite – immer wieder die Vermutung, dass hier auch Missbrauch betrieben werden könnte. Man habe daher die Begutachtung intensiviert, sagt Pinggera. Zusätzlich zu einer ersten Einschätzung würden nun flächendeckend – mitunter zweitägige – psychologische Testungen zur Belastungsfähigkeit gemacht.
Teilweise lasse man auch noch ein zusätzliches Gutachten in einem anderen Bundesland erstellen. „Die Diagnosesicherheit ist heute sicher besser als früher“, sagt der der ÖVP zuzurechnende Pinggera. Der von der Gewerkschaft nominierte Anderle meint gar, dass man heute Missbrauch in diesem Bereich de facto ausschließen könne. Und dennoch gibt es kaum einen Rückgang bei den psychiatrischen Erkrankungen. Zum Vergleich: In den Jahren davor lag ihr Anteil unter den Rehabgeldbeziehern bei 71 bis 72 Prozent.