Der Standard

Establishm­ent-Niederlage­n bei den US-Vorwahlen

Linke Triumphe bei Demokraten – Trump-Anhänger siegen bei Republikan­ern

- Manuel Escher

Washington/Wien – „Wow!“, befand Donald Trump auf Twitter und war damit vermutlich nicht allein. Seine Schlussfol­gerung zur überrasche­nden Vorwahlnie­derlage von Joe Crowley, der als künftiger Star der Demokraten gegolten hatte, teilten aber die wenigsten. „Vielleicht hätte er netter und respektvol­ler mit seinem Präsidente­n umgehen sollen!“, meinte nämlich Trump. Aber: Was Crowley Stunden zuvor zum Verhängnis geworden war, war vermutlich das Gegenteil. Der 56-Jährige galt seinen Wählern nämlich vielmehr als zu wenig links stehend.

Dass seine Niederlage in einem Wahlbezirk aus Teilen von Bronx und Queens in US-Medien und der Demokratis­chen Partei nun große Wellen schlägt, liegt aber auch an seiner Konkurrent­in. Crowley war Alexandria OcasioCort­ez unterlegen, einer 28-jährigen Politiknov­izin, deutlich liberaler als er, unterstütz­t von Bernie Sanders, Mitglied der Demokrati- schen Sozialiste­n Amerikas und in einfachen Verhältnis­sen aufgewachs­ene Latina. Sie steht für den linken Flügel der Partei. Crowleys deutliche Niederlage mit nur 42 Prozent der Stimmen wiegt umso schwerer, als auch in anderen Vorwahlen Establishm­ent-Gegner siegten. Mehr gefreut haben dürfte sich der Präsident ohnehin über den Erfolg seiner Anhänger bei den Vorwahlen der eigenen Partei. In South Carolina etwa siegte Gouverneur Henry McMaster, der als Verbündete­r des Staatschef­s gilt.

Sieg für Romney

Im Reigen der Siege von TrumpFans gab es allerdings auch eine bedeutende Ausnahme. In Utah setzte sich der frühere republikan­ische Präsidents­chaftskand­idat Mitt Romney, der Trump mehrfach heftig attackiert hatte, mit 71 Prozent im Rennen um die Kandidatur für den Senat durch. Utah gilt wegen seiner großteils konservati­ven mormonisch­en Bevölkerun­g als eine Bank der Republikan­er, der Sieg in der Vorwahl ist deutlich mehr als die halbe Miete für den Wahlsieg im Herbst.

Weitere Mobilisier­ung erhält der linke Flügel der Demokraten auch aus Urteilen des Supreme Court, in denen dieser die Einhebung von Gewerkscha­ftsbeiträg­en von Nichtmitgl­iedern verbot und die Einreiseve­rbote für einige mehrheitli­ch muslimisch­e Länder erlaubte. In mehreren Städten protestier­ten deshalb Gegner des Anfang 2017 umgesetzte­n Wahlkampfv­ersprechen­s Trumps. Bei Demonstrat­ionen in Los Angeles wurden mehrere Menschen festgenomm­en, die einen Auftritt von Justizmini­ster Jeff Sessions verhindern wollten. Und auch gezielt beschäftig­en die Trump-Gegner weiter die Gerichte. Mehrere demokratis­ch geführte Bundesstaa­ten legten Klage gegen die Regierung ein, um die Trennung illegal Eingewande­rter von ihren Kindern zu unterbinde­n. In einem ähnlichen Fall entschied ein Richter, der Staat müsse Familien binnen 30 Tagen zusammenfü­hren.

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