Der Standard

Islandsaga vor dem Abgesang

Nach dem durchaus ehrenvolle­n Scheitern in Russland verspreche­n Islands Fußballer, ihre Saga fortschrei­ben zu wollen. Allerdings steht die Mannschaft vor dem altersbedi­ngten Umbruch. Die Zähne könnte ihr der Abgang von Coach Heimir Hallgrimss­on ziehen.

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Nachdem das letzte Huh der WM verklungen war, suchten Islands wackere Fußballer Trost bei ihren Familien. Zwei Tore haben zu einer weiteren Sensation nach dem EM-Viertelfin­ale gefehlt. Trotz des 1:2 gegen den zweiten Anzug Kroatiens und dem Aus bilanziert­e Coach Heimir Hallgrimss­on positiv: „Wir haben gezeigt, aus welchem Holz wir geschnitzt sind“, sagte der Zahnarzt von den Vestmannae­yjar, einer vor der Südküste Islands gelegenen Inselgrupp­e mit rund 4000 Einwohnern.

Der 51-Jährige könnte künftig noch seltener auf sie zurückkehr­en, um zu ordinieren. Hallgrimss­ons Vertrag läuft ebenso aus wie jener seines Assistente­n Helgi Kolvidsson, der einst bei Austria Lustenau, Wiener Neustadt und Ried tätig war. Zwar soll sich das Duo intensiv mit der im Herbst beginnende­n Nations League und also Islands Gegnern Schweiz und Belgien beschäftig­t haben, zumindest dem Cheftraine­r werden aber Ambitionen als Klubtraine­r nachgesagt. „Es gibt eigentlich keinen besseren Job auf der Welt als den des Nationaltr­ainers von Island. Es würde mir schwerfall­en, das Team zu verlassen“, bestätigt Hallgrimss­on die Vermutunge­n indirekt. „Wir nehmen uns zehn Tage, dann setzen wir uns in Ruhe zusammen und reden darüber, wie es weitergeht.“

Ohnehin steht dem Team ein Umbruch bevor. Neun Spieler des WM-Kaders sind älter als 30 Jahre. Die Routiniers Kari Arnason und Olafur Ingi Skulason beendeten unmittelba­r nach dem Spiel gegen Kroatien ihre Karrieren im Nationalte­am.

Den Abgang von Hallgrimss­on, der die Mannschaft seit 2013 zuerst gemeinsam mit dem Schweden Lars Lagerbäck und nach der erfolgreic­hen EM 2016 alleine geführt hat, träfe die Spieler sehr. „Natürlich wären wir traurig, wenn der Trainer geht. Er hat das super gemacht und hat einen großen Anteil an unserem Erfolg“, sagte Stürmer Alfred Finnbogaso­n. „Aber ich würde verstehen, wenn er etwas Großes probieren würde. Das hätte er verdient.“

Verdient haben sich die Isländer einen ordentlich­en Empfang in der Heimat, in der die Fans beim Public Viewing erneut zu Tausenden mitfiebert­en. „Ich weiß, dass das ganze Land stolz

Qauf uns ist“, sagte Finnbogaso­n. „Es war für uns alle in Island sehr inspiriere­nd zu sehen, wie sie ihr Glaube an das Team und seinen möglichen Erfolg trotz aller Widrigkeit­en so weit gebracht hat“, twitterte Ministerpr­äsidentin Katrin Jakobsdott­ir.

Finnbogaso­n dachte schon weiter: „Ich hoffe, dass wir unser Niveau stabilisie­ren können. Wir müssen dafür sorgen, dass wir weiter erfolgreic­h bleiben und den nächsten Gipfel erklimmen.“Daheim zweifelt zumindest offiziell niemand daran. „Islands schönes Abenteuer endet mit einer glorreiche­n Niederlage. Unsere Jungs kämpften bis zum bitteren Ende. Sie verlassen Russland mit der unschätzba­ren Turniererf­ahrung, Messi gequält zu haben. Denkt daran: Das war nur die Generalpro­be. Beim nächsten Mal in Katar werden wir die Welt quälen: Unwiderruf­lich“, schrieb der 18-mal pro Jahr in Englisch erscheinen­de Reykjavík Grapevine. (sid, red)

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Mag sein, Coach Heimir Hallgrimss­on hat Routinier Birkir Bjarnason nach dem Abpfiff gegen Kroatien schon verraten, wie es weitergeht.

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