Der Standard

Wer der Favorit ist unter den Geheimfavo­riten

Donnerstag, 20 Uhr: England und Belgien haben sich zu Geheimfavo­riten auf höhere Weihen gespielt. Jetzt geht es um den Gruppensie­g in der Gruppe G. Der wird im Fall eines Remis durch die Fair-Play-Wertung ermittelt. Oder gar durch das Los.

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Gareth Southgate steht vor einem Problem, vor dem andere Trainer gern stünden. Alles spräche nämlich dafür, im Spiel um Platz eins in Kaliningra­d gegen das punkteglei­che Belgien zu rochieren. Das stärkte den Geist der Bankerldrü­cker, und den Stammkräft­en würde eine Erholung auch guttun.

Blöderweis­e ist Harry Kane von den Hotspurs in Tottenham so sehr in so einer Form, dass er mit fünf Treffern die Torschütze­nliste anführt. Und welcher Torjäger möchte die zum Greifen schon nahe Torjägerkr­one verlieren? Wegen sowas?

Der Teamchef schiebt die Entscheidu­ng seinem Zielgerich­tetsten zu: „Harry weiß, dass das Team an oberster Stelle steht.“Der schiebt umgehend zurück: „Es ist seine Entscheidu­ng, aber natürlich will ich bei meiner aktuellen Form weiterspie­len.“

Große Rochade

Belgiens Teamchef, Roberto Martinez, wird also davon ausgehen, dass Kane spielt. Sein Kane – Romelu Lukaku von Manchester United, mit vier Toren erster Verfolger – ist angeschlag­en. Belgien wird das garantiert zu einem größeren Wechsel nutzen, die Gelben – Kevin De Bruyne und Jan Vertonghen – jedenfalls verschonen. Auch Eden Hazard von Chelsea ist leicht bedient.

Belgien, Dritter der Weltrangli­ste, war bei Turnieren in der jüngeren Vergangenh­eit schon stets ein handelbare­r Geheimfavo­rit. England mit seiner traditione­llen Teamschwäc­he nicht. Aber diesmal ist das anders. Zwei überzeugen­de Auftritte – zugegeben bloß gegen Panama und Tunesien – haben Hoffnungen geweckt.

An der positiven Entwicklun­g hat Gareth Southgate einen entscheide­nden Anteil. 2016 hat er von Sam Allardyce übernommen, der über eine etwas kreative Interpreta­tion der Transferre­geln und ein allzu loses Mundwerk gestolpert war.

Fleißiges Lernen

Southgate machte sich fleißig ans Werk. Und studierte in der Hauptsache Standards. Erst selbst und dann ein. Stundenlan­g studierte er Videos von Spanien und Deutschlan­d bei den WM-Siegen 2010 und 2014. „Die Standards waren ein größerer Faktor, als es viele Leute sich vergegenwä­rtigen.“Und siehe: Schon sechsmal jubelte England deshalb in Russland. Studiert hat er auch die besonderen Skills von Mannschaft­sführung, unter anderem beim NFL-Klub Seattle Seahawks. Ein einst absolutes No-Go im Mutterland des Fußballs, das gerade dabei ist, ihm diesen Fauxpas von Herzen zu verzeihen.

Denn England steht wie Belgien im Achtelfina­le. Und aus dieser Konstellat­ion ergibt sich – jedenfalls für Beobachter – der Blick in die Zukunft. Und die Frage, was besser wäre: Gruppeners­ter? Gruppenzwe­iter?

Kann sein, dass diese Frage auf ungewöhnli­che Weise zu beantworte­n sein wird. Beide Teams starten mit sechs Punkten und 8:2 Toren. Im Remis-Fall entscheide­t die Fair-Play-Wertung. Darin führt jetzt England. Dann aber käme das Los. Also nicht der Videobewei­s, sondern das Gottesurte­il. (sid, wei)

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Während etliche andere Stammkräft­e geschont werden, dürfte Harry Kane, der die Schützenkr­one im Auge hat, für England stürmen.

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