Der Standard

„Schwarz-Blau hebelt mit Standortge­setz den Rechtsstaa­t aus“

NGOs übten scharfe Kritik an den Plänen der Regierung – Ministerra­t beschloss unterdesse­n ein neues Umweltpake­t

- Nora Laufer

Derzeit muss alles schnell gehen: Zur Beschleuni­gung von Genehmigun­gsverfahre­n hat das Umweltmini­sterium am Mittwoch eine Novelle zum Umweltvert­räglichkei­tsprüfungs­gesetz (UVP) vorgelegt. Die UVPBeschle­unigung wurde bereits im Regierungs­programm angekündig­t, im Herbst soll sie nun nach einer Begutachtu­ngsfrist umgesetzt werden.

Behörden wird dabei unter anderem die Möglichkei­t eingeräumt, Ermittlung­sverfahren bei Entscheidu­ngsreife in der mündlichen Verhandlun­g zu schließen. Außerdem sollen Beweisantr­äge nur bis zur mündlichen Verhandlun­g möglich sein. Laut dem Ministeriu­m würden ökologisch­e Standards dabei beibehalte­n werden. Das entspreche­nde Umweltpake­t dazu wurde am Mittwoch im Ministerra­t beschlosse­n.

Das Paket umfasst neben der UVP-Novelle, der Neuerlassu­ng des Luft-Emissionsg­esetzes und der Anpassung des Umwelthaft­ungsgesetz­es auch ein Sammelgese­tz zur Umsetzung der AarhusKonv­ention. Diese legt fest, dass anerkannte NGOs in Umweltange­legenheite­n Zugang zu einem Überprüfun­gsverfahre­n vor Gericht haben.

Ein ganz freiwillig­er Schritt dürfte die Novelle nicht gewesen sein: Die Konvention wurde zwar bereits 2005 von Österreich ratifizier­t, bisher jedoch nur unzureiche­nd umgesetzt. Die Europäisch­e Kommission leitete deshalb bereits vor vier Jahren ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Österreich ein. Durch das Umweltpake­t soll die Kritik der EU nun „ausgeräumt“werden, so Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger (ÖVP).

„Österreich hat die AarhusKonv­ention verschlepp­t“, sagte Adam Pawloff von der Umweltorga­nisation Greenpeace im Gespräch mit dem STANDARD. Auch die übrigen Punkte des Umweltpake­ts nennt Pawloff ein „absolutes Mindestpro­gramm“. Die Regie- rung würde sich größtentei­ls an Vorgaben der EU orientiere­n.

Es ist aber nicht nur die späte Umsetzung der Aarhus-Konvention, die Kritik unter Umweltorga­nisation und in der Opposition hervorruft. Das Umweltpake­t wurde am gleichen Tag veröffentl­icht, an dem auch Details über das Standortge­setz bekannt wurden, wie der STANDARD berichtete. Durch dieses könnte große Infrastruk­turprojekt­e Vorrang vor der Umwelt bekommen: Auch wenn es nach neun Monaten keine Entscheidu­ng der Behörde gibt, sollen die Projekte durch einen Verfahrens-Automatism­us genehmigt werden.

Anschlag auf Rechtsstaa­t

„Mit dem neuen Gesetz hebelt Schwarz-Blau die Grundlagen des Rechtsstaa­ts aus“, sagte Greenpeace-Geschäftsf­ührer Alexander Brit am Mittwoch. Die Regierung würde die Interessen der Konzerne auf Kosten der Umwelt „durchpeits­chen“. Ähnliche Rückmeldun­gen kamen aus dem Umwelt- dachverban­d. Das geplante Gesetz sei „ein Anschlag auf unser rechtsstaa­tliches Grundprinz­ip“. Auch seitens der Opposition hagelte es scharfe Kritik: Das Umweltpake­t sei angesichts des Standortge­setzes eine „reine pro forma Aktion der Umweltmini­sterin“, kritisiert­e SPÖ-Umweltspre­cher Klaus Feichtinge­r. Die Pläne seien eine „Nebelgrana­te“und würde durch den vom Wirtschaft­sministeri­um geplanten Verfahrens-Automatism­us wieder ausgehebel­t werden.

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