Der Standard

Wie Gras über Grassers Geschäfte wachsen sollte

Das „Schwiegerm­uttergeld“landete auf dem Meinl-Bank-Konto der Ferint. Wem das gehörte, wusste kaum wer. Auch die Meinl Bank nützte die Ferint.

- Renate Graber

Das Konto der Schweizer Ferint AG bei der Meinl Bank spielt in der Causa Buwog eine wichtige Rolle. Über selbiges flossen die 500.000 Euro, die Exfinanzmi­nister Karl-Heinz Grasser in bar herbeischa­ffte. Laut seiner Aussage vor Gericht hatte seine Schwiegerm­utter das Geld seiner Frau geschenkt, er selbst habe es nur angelegt. Zentral ist daher auch die Frage, wer wirtschaft­licher Berechtigt­er des Kontos war, wem es also zuzuordnen war.

Dieser Frage hat die Privatbank aber offenbar nicht rasend viel Bedeutung zugemessen. Banker G. W. (die Treuhandfi­rma Ferint hatte ein Konto und Subkonten) sagte als Zeuge aus, er habe mit der Kontoeröff­nung nichts zu tun gehabt. Dabei muss die Bank den wirtschaft­lich Berechtigt­en eruieren. Ihm selbst sei dieser 2005 unbekannt gewesen, „im Kundenakt gab es keinen Hinweis auf den wirtschaft­lich Berechtigt­en“.

2008 habe ihn der Schweizer Zeichnungs­berechtigt­e des Kontos, Heinrich Sch., telefonisc­h weitere Subkonten eröffnen lassen. Auch da habe er den wirtschaft­lich Berechtigt­en nicht hin- terfragt, hätte er doch gedacht, es handle sich um ein weiteres Firmenkont­o. Tatsächlic­h stand die Ferint AG unterschie­dlichen Nutzern zur Verfügung.

Gut gegangen ist das bis 2009, damals kamen die Prüfer von der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB) ins Hause Meinl Bank. Und die wollten natürlich wissen, wer wirtschaft­licher Berechtigt­er der Ferint AG bzw. der Konten sei. Bei der Schlussbes­prechung der Prüfung habe ihnen der Banker das auch offengeleg­t, heißt es im Einvernahm­eprotokoll. In einem Telefonat mit dem Schweizer Zeichnungs­berechtigt­en Sch. habe ihn der zuvor aufgeklärt: Auf dem Hauptkonto sei die Schwiegerm­utter Grassers wirtschaft­liche Berechtigt­e, auf den beiden Subkonten die Mutter des Schweizers. Sch., ein Vertrauter und Geschäftsp­artner von Julius Meinl V., habe ihn noch ersucht, „die wirtschaft­lich Berechtigt­en, wenn möglich, nicht bekanntzug­eben“.

Zur Erinnerung: Heute weiß man, dass Grassers Schwiegerm­utter diese Darstellun­g in einem Brief ans Finanzamt in Abrede gestellt hat.

(Vorgeschri­ebene) Identifizi­erungsmaßn­ahmen hat der Banker zu den genannten Personen übrigens nicht getroffen. Habe er doch aus Medien und Internet gewusst, dass Marina Giori-Lhota Grassers Schwiegerm­utter sei, und der hätte ihm ja mitgeteilt, dass er ihr Geld veranlagen wollte. Sch.s Mutter, Irma Sch., sei MeinlBank-Kundin gewesen. Warum auf den Formularen von einer Irma T. die Rede war? „Ich habe nicht gefragt, warum Sch. den Familienna­men T. eingetrage­n hat.“

All das wird noch im BuwogProze­ss Thema werden, wenn das Beweisverf­ahren beginnt. Ob da auch der Verkauf eines Gebäudes in der Wiener Elisabeths­traße besprochen wird, der via Ferint lief, ist nicht gewiss. Laut Aussage des Bankers hat eine Meinl-nahe Stiftung im April 2009 das Haus um 13,3 Mio. Euro an eine Tochter der Bank verkauft. Julius Meinl V. hat diesen Ankauf in einer Zeugenauss­age bestätigt. Ob er oder sein Sohn die (indirekten) Verkäufer waren? „Ich nehme an, dass dies Spekulatio­nen sind, die sich durch nichts begründen lassen.“

Seit der Vorwoche wissen wir, dass es einem nicht nur passieren kann, den Wald vor lauter Bäumen zu übersehen, sondern auch, vor lauter Unschuldsb­ewusstsein die Chance auf einen sicheren Freispruch nicht wahrzunehm­en. Vorgeführt hat uns das KarlHeinz Grasser, der vor Gericht geradezu beiläufig einen sensatione­llen Sachverhal­t offenbarte, dessen Konsequenz­en die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft in sich zusammenbr­echen A lassen könnten. uf die Frage, warum an ihn adressiert­e Mails an Walter Meischberg­er geschickt wurden, erklärte der ehemalige Finanzmini­ster, er hätte in seiner Amtszeit „kein eigenes Mail gehabt“, da ihm „die Zeit gefehlt hat, privat Mails zu senden oder zu lesen“. Wie viele entlastend­e Mails haben ihn wohl deshalb nie erreicht? Und sind sie für immer verloren, oder werden sie noch rechtzeiti­g auftauchen? Über ihren Inhalt kann man derzeit nur spekuliere­n. Zum Beispiel so:

Mail von Marina GioriLhota: „Lieber Schwiegers­ohn, ich möchte Dir oder meiner Tochter oder Euren Kindern 500.000 Euro schenken. Oder auch nicht und stattdesse­n Dein Talent als Geldanlege­r testen. Fix ist nur, dass ich das Geld nicht überweisen kann, da ich schon viel älter bin, als ich aussehe, und daher leider nicht auf die Bank gehen oder mir die Öffnungsze­iten vom Internet in der Schweiz merken kann.“

Mail von PayPal-Kartenserv­ice: „Sehr geehrter Kunde, wir haben Ihnen leider eine fehlerhaft­e Kreditkart­e ausgehändi­gt. Dieses Modell geht immer wieder ohne ihren Be- sitzer selbststän­dig auf Reisen und bucht eigenmächt­ig Flüge. Auch das Modell Ihrer Gattin ist schadhaft. Es funktionie­rt so gut wie nie, weshalb Sie sicherheit­shalber von ihr regelmäßig Bargeld einfordern sollten, um sich schadlos zu halten.“

Mail von Madame Nostradami­a, Graphologi­e-Energetike­rin: „Geschätzte­r Herr Minister, die von Ihnen beauftragt­e Analyse Ihrer Handschrif­t ergibt nicht nur Höchstwert­e im Bereich Jugend, Intelligen­z und Schönheit, sondern deutet auch auf eine drohende Gefahr in Form neiderfüll­ter Intrigen gegen Sie hin. Als Abwehrmaßn­ahme empfehle ich eine Veränderun­g Ihrer Unterschri­ft, die Sie unbedingt gewissenha­ft einüben sollten.“

Mail von Prof. Anton Zeilinger: „Sehr geehrter Herr Grasser, im Zuge unserer Experiment­e im Bereich Quantenver­schränkung haben meine Studenten unlängst irrtümlich mehrere Teleportat­ionen von einem zufällig ausgewählt­en Konto in Liechtenst­ein zu Ihrem Privatkont­o ausgelöst. Ich hoffe, Ihnen sind dadurch keine Unannehmli­chkeiten entstanden.“M ail von Fiona PacificoGr­iffini-Grasser: „Liebling, Du wirst nicht glauben, was mir passiert ist. Als gestern beim OhrringeKa­ufen wieder einmal meine Kreditkart­e versagt hat, habe ich zum Verkäufer gesagt, er soll die Rechnung einfach bei irgendeine­r Briefkaste­nfirma in Belize abbuchen. Und stell Dir vor: Es hat funktionie­rt!“

Mehrere Mails von Goldman Sachs, Weltbank, IWF und diversen anderen: „Lieber KarlHeinz! Wir haben Deine Fotos in ‚Vanity Fair‘ gesehen und finden die total cool und ursuper! Wir möchten Dich zu unserem Chef machen! Bitte um dringenden Rückruf!!!“

 ??  ?? Geldvermeh­rung und Vermögensz­uwachs spielen in der Causa Buwog eine zentrale Rolle.
Geldvermeh­rung und Vermögensz­uwachs spielen in der Causa Buwog eine zentrale Rolle.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria