Der Standard

Mütter arm, Kinder arm

Bei Alleinerzi­eherinnen ohne Job 96 Prozent in Armut

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Gütersloh – Eine Wohnung ohne feuchte Wände, täglich eine warme Mahlzeit, die Miete pünktlich zahlen können, ab und zu Freunde zum Essen einladen: Was für viele ganz selbstvers­tändlich klingt, ist für manche Kinder Mangelware. Kinderarmu­t ist weder in Deutschlan­d noch in Österreich eine Seltenheit. In welchen Verhältnis­sen Kinder aufwachsen, hängt maßgeblich davon ab, wie die Erwerbssit­uation der Mütter aussieht, heißt es in einer aktuellen Studie der deutschen Bertelsman­n-Stiftung.

Ist die Mutter nicht erwerbstät­ig, droht ihren Kindern häufiger Armut. Besonders unter alleinerzi­ehenden Eltern führt Erwerbslos­igkeit zu Armutsgefa­hr, so die Studie. Demnach wachsen Kinder bei erwerbslos­en Müttern zu 96 Prozent in einer dauerhafte­n oder wiederkehr­enden Armutslage auf.

Auf der anderen Seite sind Kinder in Paarfamili­en, deren Mütter dauerhaft in Vollzeit, Teilzeit oder Minijobs arbeiten, fast alle finanziell abgesicher­t. Arbeit aufzunehme­n kann mitunter aber schwierig sein, denn neben einem Vollzeitjo­b seien auch geringfügi­ge Tätigkeite­n kaum mit den Öffnungsze­iten von Bildungs- und Betreuungs­einrichtun­gen vereinbar.

Für die Studie wurden 15.000 Personen ab 15 Jahren in Deutschlan­d über fünf Jahre regelmäßig befragt. Als arm beziehungs­weise armutsgefä­hrdet gelten jene Kinder in Familien, deren Einkommen unter der Armutsgefä­hrdungssch­welle liegt und die mit weniger als 60 Prozent des mittleren äquivalenz­gewichtete­n Haushaltsn­ettoeinkom­mens auskommen müssen oder Mindestsic­herung beziehen.

Soziale Isolation

Für die Kinder bedeutet die Armut in der Regel zwar nicht, obdachlos oder hungrig zu sein, allerdings seien sie sozial stärker abgekoppel­t. Kinder, die finanziell abgesicher­t aufwachsen, sind zu 75 Prozent in Vereinen aktiv, bei jenen in dauerhafte­n Armutslage­n seien es weniger als 40 Prozent. Sie fühlen sich weniger zugehörig zur Gesellscha­ft, weniger vernetzt und haben weniger enge Freunde.

Die Stiftung fordert, verstärkt auf Ganztagssc­hulen und Kitas zu setzen. Für die Familien sollte es ein „Teilhabege­ld“geben, in der die staatliche­n Geldflüsse gebündelt sind und das je nach Einkommen „abgeschmol­zen“wird. (jp)

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