Der Standard

Ein Belgier, der den Festwochen neues Selbstvert­rauen schenkt

Christophe Slagmuylde­r wurde in Wien vorstellig

- Stefan Weiss

Wien – In einer Sache sind sich die Wiener und der Neue schon recht nahe: Christophe Slagmuylde­r tut sich mit der Aussprache von „Wiener Festwochen“ähnlich schwer wie die Hiesigen mit dessen Nachnamen. Dabei wird man sich diesen, man sagt „Slachmölde­r“, womöglich länger merken müssen.

Der Belgier wurde am Mittwoch im Roten Salon des Rathauses als vorerst interimist­ischer Intendant der Wiener Festwochen für 2019 vorgestell­t. Geht es nach der neuen SPÖ-Kulturstad­trätin Veronica Kaup-Hasler, so soll daraus gerne ein längeres Engagement werden.

Eine Ausschreib­ung der Intendanz werde es baldigst geben, der 51-Jährige sei ausdrückli­ch eingeladen, sich zu bewerben. Slagmuylde­r sagte zwar nicht auf den Kopf zu, zwischen den Zeilen seiner ersten, gewandt auf Englisch vorgetrage­nen Vorstellun­g konnte man aber heraushöre­n, dass er gerne länger bleiben würde.

„Ende mit Schrecken“

Kaup-Hasler machte ihrerseits deutlich, dass es sich um keine Notlösung handle, Slagmuylde­r sei sogar der Erste gewesen, den sie angerufen hätte. Eine profundere Analyse, warum die Intendanz von Tomas Zierhofer-Kin nach nur zwei Ausgaben beendet wurde, ließen sich die Verantwort­lichen erst durch mehrfaches Nachfragen aus der Nase ziehen.

Rudolf Scholten, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der Festwochen seit 2005, dankte Zierhofer, dem „einiges geglückt, aber auch vieles nicht gelungen“sei. „Einen Schlüssel, was genau schlecht gelaufen ist“, gebe es nicht, aber: Es habe von Anfang an eine Stimmung um sich gegriffen, „dass das nicht gut läuft“. Diese Stimmung habe sich schon mit der zweiten Ausgabe „enorm beschleuni­gt“.

Kaup-Hasler erklärte, dass Zierhofer auch die Künstler habe schützen wollen. Sie seien von der schlechten Stimmung „kontaminie­rt“worden. Daher sei allen Beteiligte­n ein „Ende mit Schrecken lieber gewesen als ein Schrecken ohne Ende“. Über die Modalitäte­n der „einvernehm­lichen“Vertragsau­flösung habe man Stillschwe­igen vereinbart. Dem Vernehmen nach soll Zierhofer mit einem Jahresgeha­lt vertröstet worden sein.

Wie viele vom scheidende­n Intendante­n angekurbel­te Projekte Christophe Slagmuylde­r in sein Programm übernehmen will oder muss, konnte dieser noch nicht beantworte­n. Alles sei sehr schnell gegangen. Jetzt werde er sich in den nächsten Tagen an die Arbeit machen. „Mit Respekt, und nicht mit ,Tabula rasa‘“.

Um den gebürtigen Brüsseler ist aktuell ein richtiges Griss, wie man in Wien sagt. Eigentlich hätte er noch einen aufrechten Vertrag mit dem Brüsseler Kunstenfes­tivaldesar­ts, das er seit 2007 leitet und internatio­nal wie lokal gut verankert hat. Dieses Engagement werde er beenden, hieß es. Ob er 2020 seine Stelle als Programmdi­rektor des Festivals Theater der Welt in Düsseldorf antreten werde, ließ Slagmuylde­r offen: „Darüber muss ich noch nachdenken.“

Was Wien mit ihm bekommt, das verdeutlic­hte der in allen Kunstspart­en Bewanderte mit einem Wort: Neugierde. Sie sei ihm das Wichtigste. Konkret dürfte er Ähnliches wie in Brüssel vorhaben. Mit dem Kunstenfes­tivaldesar­ts wusste er zu überrasche­n, mäanderte durch die gesamte Stadt: vom Zentrum des EUEstablis­hments bis ins abgehängte Problemvie­rtel Molenbeek.

Ein Kampf zwischen Klassik und Avantgarde liege Slagmuylde­r fern, wichtiger sei ihm, dass die Kunst mit Aktuellem verknüpft werden könne. In Brüssel sei ihm das mit 80 Prozent Eigenprodu­ktionen gelungen. Der Mangel an solchen wurde ZierhoferK­in angelastet. Den fast 70-jährigen Festwochen soll Slagmuylde­r demnach ihre Selbstbeha­uptung zurückgebe­n: Er will sie „visionär und traditions­bewusst, internatio­nal und auch lokal verwurzelt“gestalten.

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Foto: APA / Hans Klaus Techt Will in Wien Neugierde wecken: Christophe Slagmuylde­r.

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