Der Standard

Ein Haus für neues Theater

- Stephan Hilpold

Ihrem Vorgänger wurde vorgeworfe­n, die Wiener Kulturland­schaft zu verwalten und nicht zu gestalten. Nach gerade einmal drei Wochen im Amt lässt sich über die neue Kulturstad­trätin Veronica Kaup-Hasler bereits eines sagen: Statt abzuwarten und abzuwägen, wie es in den vergangene­n Jahren bis zum Überdruss geschah, schlägt hier jemand Pflöcke ein. Der umstritten­e und nicht gerade treffsiche­re Festwochen-Intendant Tomas Zierhofer-Kin wurde durch Christophe Slagmuylde­r, einen Proponente­n des internatio­nalen Festivalbe­triebs, ersetzt. Unter dessen Intendanz wurde das belgische Kunstenfes­tivaldesar­ts zu einer erstrangig­en und weithin leuchtende­n Adresse.

Der glücklosen und bis zuletzt nicht heimisch gewordenen Volkstheat­er-Intendanti­n Anna Badora erlaubte die neue Kulturstad­trätin hingegen, das Gesicht zu wahren – bis zum Vertragsen­de in zwei Jahren darf sie im Amt verbleiben. Dann soll das Volkstheat­er neu durchstart­en. Mit neuem Gesicht und hoffentlic­h neuem Konzept.

Die Probleme, die Badora im Volkstheat­er staucheln ließen, sind nämlich nur zum Teil ihrem eigenen Versagen geschuldet: Sie liegen auch im schwammige­n Profil des Hauses begründet. Und natürlich in der damit zusammenhä­ngenden Frage, welches Publikum man in ein heutiges „Volkstheat­er“locken möchte.

Kaup-Haslers Vorgänger Andreas Mailath-Pokorny hat einst eine Lösung dieser seit einer gefühlten Ewigkeit ungelösten Frage in Aussicht gestellt. Aus seiner breit angelegten Theaterref­orm wurde nach Jahren des Zuwartens und Aussitzens nichts. Das Vorhaben aber war richtig: Neben dem Burgtheate­r und der Josefstadt braucht es in Wien kein drittes Repertoire­theater – dafür ein Koprodukti­onshaus, wie es mit dem Brut im Künstlerha­us geschaffen wurde. Für größere Produktion­en viel zu klein dimensioni­ert, strahlte die Off-Bühne allerdings selten über sich hinaus.

Kein Zufall, dass sich die gelernte Theaterfra­u Kaup-Hasler in ihren Antrittsin­terviews eine gut ausgestatt­ete, größere Bühne wünschte: Die gepriesene belgische Performing-Arts-Szene habe nur deswegen so groß werden können, weil sie über entspreche­nde Räume verfügte.

Mit dem neuen Festwochen-Intendante­n hat Kaup-Hasler schon einmal einen Akteur der belgischen Szene nach Wien geholt. Jetzt kann sie über neue Räume für neue Theaterfor­men nachdenken. Das Volkstheat­er böte sich an.

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