Der Standard

Zahl der extremisti­schen Taten ging 2017 zurück

Verfassung­sschutz bereitet sich auf Anstieg während der EU-Ratspräsid­entschaft vor

- Oona Kroisleitn­er

Wien – Das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) zog am Donnerstag Jahresbila­nz: Die Zahl der extremisti­sch motivierte­n Tathandlun­gen ging 2017 in allen Bereichen deutlich zurück. Am stärks- ten war die Reduktion der linksextre­men Handlungen: Sie verringert­en sich um ein Drittel auf 307 Anzeigen (2016: 463). Die Staatsschü­tzer befürchten allgemein einen neuerliche­n Anstieg während der EU-Ratspräsid­entschaft. Die größte Gefahr gehe weiter vom islamistis­chen Extremismu­s aus.

In der politische­n BVT-Affäre sind Aktenverme­rke aufgetauch­t, wonach im Rahmen der Razzia beim BVT auch Gewalt angedroht worden sein soll.

Die Zahl der extremisti­sch motivierte­n Taten ist stark zurückgega­ngen. Das zeigt der am Donnerstag präsentier­te Bericht des österreich­ischen Verfassung­sschutzes aus 2017. Die größte Gefahr für die Sicherheit gehe nach wie vor vom islamistis­chen Extremismu­s aus, sagte der Chef des Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT), Peter Gridling. Obwohl es weniger österreich­ische Jihad-Reisende gebe, bestehe „kein Grund zur Entwarnung“. Konkrete Pläne für Anschläge wurden zwar nicht aufgedeckt, doch stelle der ständig wechselnde „Modus Operandi“die Behörden vor Herausford­erungen.

Bis Jahresende 2017 wusste man von insgesamt 313 Personen aus Österreich, die als Kämpfer in syrische oder irakische Kriegsgebi­ete gereist sind oder eine Reise geplant hatten. 59 von ihnen wurden an der Ausreise gehindert, 55 sind „mit höchster Wahrschein­lichkeit im Kriegsgebi­et getötet worden“, sagte Michaela Kardeis, Generaldir­ektorin für öffentlich­e Sicherheit im Innenresso­rt. 105 Personen seien weiterhin im Ausland, 94 der „Foreign Fighters“seien nach Österreich zurückgeko­mmen. Die Rückkehrer würden weiter als „erhebliche­s Bedrohungs­potenzial“angesehen. 32 befinden sich in Haft.

In den vergangene­n Monaten wurden keine Reisen nach Syrien oder in den Irak mehr registrier­t. Das führe das BVT auf die militärisc­hen Niederlage­n und den „Verlust an Attraktivi­tät“des IS zurück, so Kardeis. Auch präventive Maßnahmen würden wirken. Kardeis kündigte einen diesbezügl­ichen Gipfel im Oktober an.

Stark verringert haben sich im vergangene­n Jahr die linksextre­m motivierte­n Tathandlun­gen: Ihre Zahl ist von 383 (2016) um 44,9 Prozent auf 211 gesunken. Das führte vergangene­s Jahr zu 307 Anzeigen – um ein Drittel weniger als 2016, als es 463 Anzeigen gewesen waren. Zehn Prozent der Tathandlun­gen waren gegen Personen gerichtet. Das Gros (188) entfiel auf Sachbeschä­digungen.

31,3 Prozent der linksextre­m motivierte­n Handlungen im Jahr 2017 seien im Zuge des Nationalra­tswahlkamp­fes registrier­t worden. „Wahlkampf ist immer eine Zeit, in der es zu Sachbeschä­digungen kommt“, kommentier­te Gridling. Heuer befürchtet der BVT wegen der EU-Präsidents­chaft Österreich­s wieder einen Anstieg. Die fünf großen EU-Gipfel hat das BVT mit den höchsten der drei Gefährdung­sstufen bewertet, auch bei kleineren Veranstalt­ungen würde man sich auf linksextre­me Proteste und die Gefahr der Ausspähung durch ausländisc­he Nachrichte­ndienste vorbereite­n.

Rückgang bei Rechtsextr­emen

Einen Rückgang gab es im vergangene­n Jahr auch bei rechtsextr­em motivierte­n Tathandlun­gen, allerdings einen geringeren – und dies auf einem höheren Niveau. Sie sanken von 1313 (2016) um 19 Prozent auf 1063 und resultiert­en in 1576 Anzeigen (2016: 1867).

798 der Anzeigen wurden wegen eines Verstoßes gegen das Verbotsges­etz erstattet. Zu 68 Anzeigen kam es wegen anderer Verstöße, wie beispielsw­eise gegen das Abzeichen- oder das Waffengese­tz. 710 Anzeigen erfolgten wegen eines Verstoßes gegen das Strafgeset­z, 293 davon wegen Sachbeschä­digung, 259 wegen Verhetzung. Ein eigenes Kapitel des Berichts wurde neuerlich den Identitäre­n gewidmet.

„Im Auge behalten“müsse man Versuche in Österreich lebender Türken, für die Politik in der Türkei zu mobilisier­en, betonte Gridling. Denn dies führe zu Spannungen, „die das Zusammenle­ben in Österreich auf keinen Fall erleichter­n“.

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