Der Standard

Eine Nachred’ auf die gescheiter­ten Deutschen

Es ist nichts Neues, dass Brasilien zu den Favoriten zählt. Zumal Neymar beim 2:0 gegen Serbien durch Teamfähigk­eit glänzte. Er hat sein Ego in der Kabine gelassen. Im Achtelfina­le wartet Mexiko.

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Moskau – In Russland ist eine schöne Ära zu Ende gegangen, eine Ära des deutschen Fußballs, wohl auch die Ära von Joachim Löw. Dazu eine Nachred’, ein Interview mit dem Soziologen Norbert Seitz, Pressestim­men und „Best of Postings“. Im Gegensatz zu Deutschlan­d stehen Kolumbien (1:0 vs. Senegal) und Japan trotz eines 0:1 gegen Polen im Achtelfina­le.

Es sieht Neymar nicht ähnlich, das Scheinwerf­erlicht zu meiden. Umso verwunderl­icher, dass er im Moment des Triumphes abtauchte. Ganz hinten auf dem Siegerfoto versteckte sich der brasiliani­sche Superstar unter seiner kanarienge­lben Kappe. Im Schoß der übrigen Millionäre wirkte der Exzentrike­r nach dem Einzug ins Achtelfina­le beinahe unscheinba­r. Neymar geht auf im Gefüge der südamerika­nischen Ballstreic­hler, das sollte der Konkurrenz spätestens nach dem 2:0 im letzten Gruppenspi­el gegen Serbien zu denken geben.

„Team, Kameraden, Familie. Nennt es, wie ihr wollt – gemeinsam und fokussiert für ein einziges Ziel“, schrieb der 26-Jährige unter besagtes Bild aus dem Charterfli­eger, der den Rekordwelt­meister von Moskau Richtung Sotschi trug. Wie es in sozialen Medien sein muss, kommt die Botschaft etwas klebrig rüber. Falsch ist sie aber nicht, wie Neymar gegen die Serben bewies. Wenn er es möchte, kann er sich für etwas Größeres zurücknehm­en. Das blieb auch der kritischen Heimatpres­se nicht verborgen. „Neymar lässt seinen Egoismus und sucht die Protagonis­tenrolle“, titelte die Zeitung Estado: „Endlich eine Partie, in der Brasilien besonnen agierte.“Und keine, die mit einer peinli- chen Tränenshow Neymars endete wie noch das Duell gegen Costa Rica.

Er war gelöst, warf nach Abpfiff Kusshände in die Menge. Es ist dieser Neymar, der Brasilien nach dem jüngsten Auftritt zum Favoriten machte. Die Schwalben sparte er sich diesmal, spielte stattdesse­n kluge Pässe. „Neymar fällt wenig, kämpft viel, traf nicht, aber hörte zum ersten Mal seinen Namen von den Fans auf der Tribüne“, schrieb O Tempo. Und Neymar wusste, wann er besser Co-Star Philippe Coutinho fideln ließ. Der bereitete das 1:0 durch Paulinho mit einem genialen Steilpass vor. Mit dem Duo Neymar/Coutinho vorn und der höchst soliden Defensive um die Innenverte­idiger Miranda und Thiago Silva, der zum 2:0 traf, stimmt die Mischung.

In Jubelstürm­e verfiel in Brasilien vor dem Achtelfina­le am Montag gegen Mexiko aber niemand. Ebenfalls untypisch und deswegen gefährlich für die Konkurrenz. Ja, eine Caipirinha wolle sich Trainer Tite genehmigen. „Wir leben nicht von Erwartunge­n, wir leben von der Realität.“

Realistisc­h ist ein Einsatz von Marcelo in Samara. Gegen die Serben musste der vielleicht weltbeste Außenverte­idiger nach neun Minuten den Platz wegen eines verspannte­n Muskels im Wirbelbere­ich verlassen. (sid, red)

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 ??  ?? Normalerwe­ise wird Neymar geküsst, gegen Serbien wurde Neymar selbst zum Küsserköni­g. Verteidige­r Thiago Silva köpfelte nach einem Eckball das 2:0 und war sozusagen der Neymar.
Normalerwe­ise wird Neymar geküsst, gegen Serbien wurde Neymar selbst zum Küsserköni­g. Verteidige­r Thiago Silva köpfelte nach einem Eckball das 2:0 und war sozusagen der Neymar.

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