Lehrer buchen, Eigenverantwortung übernehmen
Im niederösterreichischen Ybbs hat man sich für eine andere Art von Schule entschieden: „Bei uns sind 20 Prozent des Unterrichts eine Holschuld der Schüler“, sagt Direktor Rainer Graf und erklärt, was er damit meint: An seinem Schulstandort, der eine Handelsakademie, eine Handelsschule und eine IT-HTL umfasst, wurden die 50-Minuten-Einheiten auf 40 Minuten gekürzt. Die 240 Stunden, die man damit gewonnen hat, bekommen die Schülerinnen und Schüler in Form von sogenannten „Indy“-Einheiten (eine Kombination aus „Independence“und Ybbs) wieder zurück. Dafür müssen die Kinder eine Lehrkraft ihrer Wahl über ein Onlinesystem „buchen“– sei es zur intensiven Vorbereitung auf die Matheschularbeit, sei es für „Gehirnjogging“mit dem Turnlehrer. Sicher, zu Beginn haben einige die neue Freiheit dazu benutzt, um nur noch Yogastunden zu belegen, aber: „Nach den ersten zwei Monaten waren diese Vermeidungshandlungen wieder vorbei, die Kinder haben gemerkt, es ist schade drum, die Zeit so verstreichen zu lassen“, sagt der Direktor. Jetzt würden die Schüler die freien Stunden dafür nutzen, ihre Interessen zu vertiefen oder um jene Stoffgebiete, die ihnen Schwierigkeiten bereiten, noch einmal intensiv durchzugehen. Übrigens: Man kann auch vom Lehrer zwangsverpflichtet werden! Herr Graf ist vom neuen Schulmodell begeistert. Es habe sich eine Kultur des Fragens entwickelt, Lehrer müssten nicht mehr alles wissen: „Das macht Schule menschlich und nimmt das Paradigma der Angst.“Das Beste: „Damit haben wir den Schülern alle Ausreden weggenommen.“Wer eigenverantwortlich lernen will, muss auch für den eigenen Lernerfolg Verantwortung übernehmen. Die Ergebnisse bei der letzten Zentralmatura würden zeigen, dass „es funktioniert“.