Der Standard

Medikament falsch einsortier­t, Patient starb

Schuld- und Freispruch in Steyr nach Infusionsv­erwechslun­g im Spital

- Markus Rohrhofer

Linz – Eigentlich sei der 30. September des Vorjahres „ein relativ ruhiger Tag“auf der Intensivst­ation des Landeskran­kenhauses Kirchdorf gewesen. Ausreichen­d Pflegepers­onal im Dienst, keine Vollbelegu­ng der neun Betten. „Also auch kein Stress“, schildert Krankenpfl­eger Martin R. auffallend gefasst Richterin Christina Forstner den Ablauf jenes folgenschw­eren Dienstes, der den 40-Jährigen am Donnerstag vor das Landesgeri­cht Steyr brachte.

Der Pfleger und eine 58-jährige Kollegin hatten Infusionen verwechsel­t, worauf ein Herzpatien­t starb, ein weiterer deutlich mehr Glück hatte und zumindest keine bleibenden Gesundheit­sschäden erlitt. Die Anklage lautete im Fall des 40-Jährigen auf grob fahrlässig­e Tötung, die Frau musste sich wegen grob fahrlässig­er Körperverl­etzung verantwort­en.

Der 61-jährige Mann wurde mit der Diagnose Vorhofflim­mern aufgenomme­n, erste Laborbefun­de ergaben unter anderem einen eklatanten Kaliummang­el. Der diensthabe­nde Arzt setzte eine Kalium-Magnesium-Infusion.

Martin R. entnahm eine Infusionsf­lasche aus jener Lade, in der die entspreche­nde Medikation normalerwe­ise gelagert wird. Fatalerwei­se war dort aber irrtümlich eine Packung mit Kalziumchl­orid-Magnesium-Infusionen einsortier­t worden.

Der Zustand des 61-Jährigen verschlech­terte sich nach Verabreich­ung der falschen Infusion rapide. Als Martin R. eine zweite vermeintli­che Kalium-Infusion aus der Lade holte, entdeckte er die Verwechslu­ng. „Ich habe mich mords geärgert“, schildert der Angeklagte, der sich am Donnerstag teilschuld­ig bekannte. Der 61-Jährige verstarb zwei Tage später an Multiorgan­versagen. Zumindest in diesem Fall sah auch der Gutachter einen Zusammenha­ng zwischen der falschen Medikation und dem Versagen der Organe.

Die 58-jährige Krankensch­wester bekannte sich nicht schuldig. Christine B. gab vor dem Kadi an, dass sie „davon ausgehe“, auf das Etikett geschaut zu haben. „Weil ich das immer so gemacht habe.“Der Gutachter kam zu dem Schluss, dass ihr Patient – er überlebte – zwar Kalzium erhalten habe, die gesundheit­lichen Folgen seien aber nicht „zwingend auf die Verabreich­ung zurückzufü­hren“. Bei dem schwerkran­ken Mann kam es zu Kammerflim­mern, er musste reanimiert werden. Auch die Richterin sah die Kausalität nicht als erwiesen an und sprach die Frau frei.

Martin R. wurde hingegen im Sinne der Anklage schuldig gesprochen: 5400 Euro, die Hälfte davon bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

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