„Niemand will Meinungsfreiheit einschränken“
ORF- Stiftungsräte und ORF- General zu Social-Media-Regeln für ORF-Mitarbeiter
Wien – ORF-Chef Alexander Wrabetz fühlt sich missverstanden mit seinem Entwurf für Social-MediaRichtlinien, den der STANDARD Dienstag veröffentlicht hat.
Natürlich könnten ORF-Mitarbeiter weiterhin „am Wirtshaustisch oder beim Familienessen“ihre Meinung sagen. Das war nicht gemeint mit dem Meinungsverzicht bezüglich Politik und Politikern „auch im privaten Umfeld“. Sondern etwa eine Äußerung „vor 3000 Friends auf Facebook“.
Und natürlich müsse etwa Kritik an einer falschen Aussage weiter möglich sein: „Es ist ja eine journalistische Aufgabe, das kritisch zu tun.“Der Entwurf verlange den Verzicht auf „parteipolitische Kritik und parteiliche Polemik, nicht auf sachliche Kritik“. Nachsatz: „Die Formulierungen sind noch ein bisschen deutlicher herauszuarbeiten.“
Objektive Freiheit
Das sagt Wrabetz, zwei Tage nachdem der Entwurf, irrtümlich versandt an Radiomitarbeiter, heftige Debatten über Meinungsfreiheit und deren Einschränkung ausgelöst hat. Für den ORF-Stiftungsrat am Donnerstag, das obers- te Aufsichts- und Entscheidungsgremium des Rundfunks, hatte er das Thema ohnehin auf der Liste. Thomas Zach, Sprecher der ÖVPnahen Stiftungsräte, verlangt seit Jahren solche Guidelines, verbindlicher als die seit 2012 veröffentlichten Richtlinien des ORFRedakteursrats.
Zach dazu am Donnerstag: „Säulen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind Objektivität und Meinungsfreiheit: Ich sehe keinen Grund, warum sie einander ausschließen sollten.“Er findet, „sie bedingen einander sogar“. Er betont: „Niemand will Meinungsfreiheit einschränken.“
„Nicht für die Regierung“
SPÖ-Fraktionschef Heinz Lederer sieht die Richtlinien nun auf einem guten Weg, Mitarbeiter und Betriebsrat würden eingebunden.
Auch Stiftungsratschef Norbert Steger (FPÖ) empfiehlt, die Mitarbeiter einzubeziehen.
Franz Maurer, Sprecher der FPÖ-Räte, sieht in den Regeln eine „Kulturfrage“des Unternehmens.
Wrabetz verspricht, mit den auch „lautstark“protestierenden Redakteuren „ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln“. Denn: „Wir machen diese Guidelines nicht für die Regierung und nicht für den Stiftungsrat, sondern für das Unternehmen und für die Mitarbeiter. Das höchste Gut, das wir zu verteidigen haben, ist das Vertrauen, die Glaubwürdigkeit, die Objektivität unserer journalistischen Arbeit. Dann haben auch die Mitarbeiter die Verpflichtung, daran entsprechend mitzuwirken. Also brauchen wir ein gemeinsames Verständnis im Haus über: Was nützt der Glaubwürdigkeit und dem Vertrauen, und was ist ihnen abträglich?“Bis Jahresende sollen die Richtlinien laut Wrabetz in Kraft sein.
Was dürfen die Mitarbeiter künftig also auf Social Media? „Im Prinzip ist jedenfalls alles erlaubt, was auf Sendung erlaubt ist. Auch da sind Kommentare möglich.“
Die geplanten Richtlinien seien „bewusst nicht Sache der Personalabteilungen“, sagt Wrabetz, sondern der Chefredaktionen. Und was passiert, wenn jemand fünfmal dagegen verstößt? Wrabetz: „Das wird niemand vernünftigerweise tun.“(fid) p Mehr aus dem Stiftungsrat – etwa Robert Palfraders neue ORF-1Show – auf derStandard.at/Etat