Der Standard

Schlechte Chefs haben’s leicht

- Günther Oswald

Zu gewinnen gibt es in diesem Kampf für die ÖVP und vor allem für die „Arbeiterpa­rtei“FPÖ wenig. Längere Höchstarbe­itszeiten sind kein Schlager. Viele Arbeitnehm­er befürchten, der Druck am Arbeitspla­tz könnte noch größer werden. Sie haben Sorge, dass ihr Familienle­ben leidet. Die Gewerkscha­ft befeuert diese Ängste geschickt, zeigt gerade, dass man sie noch nicht abschreibe­n sollte. Die Großdemo am Samstag in Wien wird ein Lackmustes­t für ihre Kampagnenf­ähigkeit.

Die derzeitige Hysterie ist aber sicher übertriebe­n. Grosso modo werden Österreich­s Arbeitnehm­er auch in Zukunft nicht zu Knechten des Großkapita­ls werden, dafür werden auch die Betriebsrä­te und Gewerkscha­ften sorgen. Es kommt aber natürlich zu einer gewissen Machtversc­hiebung, die Arbeitgebe­r werden etwas gestärkt, die Arbeitnehm­er etwas geschwächt. Egal wie explizit die Freiwillig­keit ins Gesetz geschriebe­n wird, Arbeitnehm­er werden es im realen Berufslebe­n nicht immer wagen, Überstunde­n, die sie eigentlich nicht machen wollen, abzulehnen. Zudem wird der Einsatz von All-in-Verträgen ausgeweite­t, wodurch sich die Überstunde­nfrage für immer mehr Menschen gar nicht mehr stellt. Vor allem in Betrieben mit schlechten Chefs wird es die Belegschaf­t also schwerhabe­n, sich gegen Wünsche nach Mehrarbeit zu wehren. Ehrlicherw­eise muss man aber sagen: Das ist jetzt auch nicht viel anders.

In Sachen Emotionali­sierung, die bei der Flüchtling­sfrage so hervorrage­nd funktionie­rt, sitzt Türkis-Blau beim Zwölfstund­entag aber am kürzeren Hebel. Darum muss das Gesetz ruckzuck noch vor dem Sommer durchs Parlament. Die Strategie dahinter ist einfach: Auf Dauer wird es auch für die Gewerkscha­ft schwierig, die Aufgeregth­eit aufrechtzu­erhalten. Im Herbst können sich die Arbeitgebe­r aber auf heiße Lohnverhan­dlungen einstellen. Ob sie sich dann noch immer als Sieger fühlen dürfen, ist fraglich.

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