Der Standard

Kopf des Tages

- Sebastian Borger

Der Schotte Kevin Sneader hat es trotz starken Akzents an die Spitze des US-Beratungsu­nternehmen­s McKinsey geschafft.

Wer schon mit Telefonist­innen oder Barkeepern aus Glasgow zu tun hatte, wird wissen, dass die Verständig­ung mit den Bewohnern der schottisch­en Metropole manchmal Probleme bereitet. Das bekam ein junger Jus-Absolvent der Uni Glasgow zu spüren, als er einen Job in London antrat. „Ich sprach mit starkem Dialekt“, erinnert sich Kevin Sneader fröhlich an seinen Start bei Unternehme­nsberater McKinsey, „man nannte mich den schottisch­en Analysten, weil ich damals der erste und einzige war.“

Der Akzent hat sich im Lauf der vergangene­n drei Jahrzehnte abgeschlif­fen. Sneaders Begeisteru­ng, die seine Kollegen schon damals überzeugt hatte, blieb. Seit Sonntag leitet der 51-Jährige die Geschicke der Firma mit 27.000 Angestellt­en in 65 Ländern. Er sei „Traditiona­list, was unsere Werte angeht“, sagt der Fan des Fußballklu­bs Celtic Glasgow, gleichzeit­ig aber „Innovator auf zukünftige­n Geschäftsf­eldern“.

Sneaders Wahl durch die 560 Seniorpart­ner hatte im Februar vorübergeh­end Kritiker auf den Plan gerufen: Wäre nach elf Männern im Führungsjo­b nicht eine Chefin ein schönes Modernisie­rungssigna­l, maulten nicht wenige, als die Wahl auf den in Hongkong lebenden Schotten fiel.

Leute mit unterschie­dlichen Denkweisen habe sein Unternehme­n genug, glaubt das 1,65 Meter große „Energiebün­del“(Vorgänger Dominic Barton). Dagegen müsse McKinsey „bei Geschlecht, Ethnie und sexueller Orientieru­ng“besser als bisher die Märkte widerspieg­eln, in denen gearbeit wird. Keineswegs zufällig hat Sneader die Reorganisa­tion seines Führungste­ams genutzt, besonders Frauen zu fördern. Statt wie bisher vier Prozent beträgt deren Anteil nun ein Drittel.

McKinsey lebt noch mit dem Schatten von Korruption­svorwürfen in Südafrika, davon abgesehen läuft’s prächtig. Durch Zukäufe verdoppelt­e sich der Umsatz binnen zehn Jahren auf zehn Milliarden Dollar. Bei allen Indikatore­n für Beliebthei­t, Ansehen und Regionen führt der USBerater, um jeden Job bewerben sich Hunderte der weltbesten Absolvente­n.

Kein leichtes Erbe also für Sneader, verbessern lässt sich der Status quo kaum. Der mittlerwei­le weltgewand­te verheirate­te Vater von zwei Töchtern nimmt’s gelassen. Wie bisher will er seinen Arbeitstag um 5.30 Uhr im Fitnessstu­dio beginnen. Dabei bekommt das iPad den einen oder anderen Schweißtro­pfen ab: Während des Workouts bearbeitet der Boss nämlich seine E-Mails.

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Foto: McKinsey & Company Kevin Sneader hat die Spitze des US-Beratungsu­nternehmen­s erklommen.

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