Der Standard

Brasilien – Mexiko, Belgien – Japan

Montag (16 Uhr): Brasilien ist im Achtelfina­le gegen Mexiko in Samara haushoher Favorit. Die Hoffnungen des Underdogs trägt Torhüter Guillermo Ochoa. Allerdings ist es nur ein dummes Gerücht, dass er an der rechten Hand sechs Finger hat.

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Neymar macht alles richtig. Brasiliens Topstar springt im perfekten Moment ab, er steht fast in der Luft, trifft den Ball sauber mit der Stirn. Die Fans haben den „Goooool“-Schrei schon auf den Lippen. Doch was ist das?! Mit einem katzenarti­gen Sprung lenkt Mexikos Torhüter Guillermo Ochoa den Ball noch um die rechte Stange.

Teufelsker­l Ochoa zeigte an diesem 17. Juni 2014 in Fortaleza mit zahlreiche­n Weltklasse­paraden das Spiel seines Lebens und sicherte Mexiko im WM-Gruppenspi­el ein 0:0 gegen den Gastgeber. Vier Jahre später heißt es wieder: Ochoa gegen Brasilien. Denn nur wenn sich der Mann mit der durchaus interessan­ten Frisur wieder als „mexikanisc­he Mauer“entpuppt, hat El Tri im Achtelfina­le in Samara gegen Neymar und Co eine Chance.

Ochoa ist bereit für eine erneute Heldentat. „Mein Traum ist es, mit meinen Teamkolleg­en bis zum letzten Tag hier zu sein“, sagte der 32-Jährige mit Blick auf das Finale. „Ich kann mir das vorstellen, und ich will das. Das wird mir auch keiner verbieten.“

Es sind dieser Siegeswill­e und der Nationalst­olz, die Ochoa bei Länderspie­len stets zu Höchstleis­tungen treiben. Viele Fans fragen sich, warum dieser sprunggewa­ltige und mit überragend­en Reflexen ausgestatt­ete Torhüter von Standard Lüttich nicht bei einem Topklub spielt.

Ein Wechsel zu Paris Saint-Germain im Jahr 2011 war bereits vereinbart, „aber plötzlich explodiert­e über mir der Dopingskan­dal im Nationalte­am und ruinierte alles“, hat Ochoa später erzählt. Er und vier andere Nationalsp­ieler waren beim Gold Cup positiv auf Clenbutero­l getestet worden. Ein zweiter Test entlastete die Spieler zwar, aber der Weg nach Paris war Ochoa versperrt.

Im Sommer nach der herausrage­nden WM 2014 war Ochoa ablösefrei, doch er und seine Berater bewiesen kein glückliche­s Händchen. FC Malaga, FC Granada und aktuell Lüttich. „Er wechselt zu Klubs, die gegen den Abstieg kämpfen. Das ist keine gute Entscheidu­ng“, kritisiert­e Mexikos Ex-Nationalsp­ieler Carlos Hermosillo die womöglich fehlenden Ambitionen. Vielleicht zögern die großen Klubs aber auch wegen Ochoas großer Schwäche, der Strafraumb­eherrschun­g.

Bei Ecken und Flanken klebt der 1,83 Meter große Torhüter auf der Linie und verlässt sich auf seine Reaktionss­chnelligke­it. Das geht oft gut, so wie beim 1:0-Auftaktsie­g gegen Weltmeiste­r Deutschlan­d. Beim 0:3 gegen Schweden hatte er so aber den dritten Gegentreff­er mitverschu­ldet. Ochoa wird sein Torwartspi­el nicht mehr ändern, es hat ihn zum Kultkeeper gemacht. Nach dem legendären Spiel gegen Brasilien vor vier Jahren wurde er im Internet als Superman, Jesus und Backsteinm­auer abgefeiert. Es tauchte auch wieder das längst als unwahr entlarvte Gerücht auf, Ochoa habe sechs Finger an der rechten Hand und halte deswegen so gut.

Für die Brasiliane­r ist Ochoa trotzdem ein Schreckges­penst. „Er hat mindestens vier Wunder vollbracht“, hatte Brasiliens Stürmer Fred damals gesagt. Auch Neymar dürfte Ochoas Heldentate­n nicht vergessen haben. Das könnte ein Vorteil für Mexiko sein. Vielleicht der einzige.

Die Mexikaner befürchten übrigens, dass Neymar wieder sehr theatralis­ch auftritt. Deshalb appelliert­en sie an den italienisc­hen Schiedsric­hter Gianluca Rocchi, auf die Schauspiel­künste nicht hereinzufa­llen. „Wir wissen, dass er bei Fouls gerne übertreibt und sich gerne auf den Boden wirft“, sagte Mittelfeld­spieler Andres Guardado. „Das ist sein Stil, aber das müssen nicht wir unterbinde­n, sondern ausschließ­lich Herr Rocchi.“(red, sid)

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Die Paraden von Mexikos Tormann Guillermo Ochoa sind durchaus spektakulä­r. Vor vier Jahren hat er Neymar samt Brasilien zur Verzweiflu­ng gebracht. „Ich will bis zum letzten Tag hier sein.“

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