Schwieriges Verhältnis zwischen Kurz und Merkel
Österreichischer Kanzler steht ideologisch den Bayern näher – „Achse der Willigen“ohne die deutsche Kanzlerin
Othmar Karas, der Delegationsleiter der ÖVP im Europaparlament, hat am Sonntagabend klargemacht, auf wessen Seite er steht. In der ORF-Sendung Im Zentrum sagte er, er würde an der Stelle von Kanzlerin Angela Merkel Horst Seehofer als Innenminister entlassen. Damit nimmt Karas praktisch die gegenteilige Position von Sebastian Kurz, seinem Parteichef, ein.
Im Machtkampf zwischen den Spitzen von CDU und den CSU schlug sich Kurz deutlich auf die Seite der Bayern. Am 21. Juni war die gesamte bayrische Landesregierung unter Ministerpräsident Markus Söder zu einer gemeinsa- men Sitzung mit der österreichischen Bundesregierung nach Linz gekommen. Kurz und Söder absolvierten etliche Fototermine und versicherten einander ihrer ungebrochenen Wertschätzung. Kurz freute sich, dass seine Linie „immer mehrheitsfähiger“werde.
Das „Weiterwinken“von Flüchtlingen müsse beendet werden, stellte Kurz auch bei dieser Gelegenheit wieder fest. Das klang nach einer Botschaft an die deutsche Kanzlerin, auch wenn Kurz versicherte: „Wir werden uns in die innerdeutsche Debatte nicht einmischen.“
Am Montag wies Kurz Vorwürfe, er habe sich im innerdeutschen Asylstreit auf die Seite der CSU gestellt, abermals zurück. Es sei aber „legitim“, dass er als Parteichef mit Schwesterparteien Kontakt halte. Bei der innerdeutschen Diskussion gehe es nicht so sehr um die Ergebnisse des EU-Gipfels, sondern vielmehr um die „angeblichen bilateralen Verträge“, die Deutschland abgeschlossen habe. Mehrere Staaten wie Polen, Ungarn oder Tschechien hatten die Darstellung von Merkel zurückgewiesen, wonach es bereits bilaterale Abkommen zur Rücknahme von Flüchtlingen gebe. Kurz räumt diesen Abkommen aber sowieso keinen großen Wert ein, diese würden nicht dazu führen, dass es innerhalb der EU weniger Migranten gebe.
Die von Kurz ausgerufene „Achse der Willigen“, in der er neben Wien auch Berlin und Rom einordnete, inkludierte sehr wohl Seehofer, nicht aber Merkel. Die ging auch prompt auf Distanz zu diesem Vorschlag.
Das Verhältnis zwischen Merkel und Kurz ist allerdings nicht erst seit der demonstrativen Verbrüderung mit Söder und Seehofer abgekühlt. Die durchaus unterschiedlichen Zugänge beim EU-Gipfel vergangene Woche trugen dann noch zur weiteren Entfremdung bei, politisch wie auch persönlich.
„Ich glaube, dass viele eine falsche Definition des Wortes Brückenbauer haben“, sagte Kurz am Montag. Manche glaubten, Brückenbauer könne man nur sein, wenn man nur mit jenen, die von den Medien als „die Guten dargestellt“würden, spreche. Er rede aber mit allen.