Der Standard

Schwierige­s Verhältnis zwischen Kurz und Merkel

Österreich­ischer Kanzler steht ideologisc­h den Bayern näher – „Achse der Willigen“ohne die deutsche Kanzlerin

- Michael Völker

Othmar Karas, der Delegation­sleiter der ÖVP im Europaparl­ament, hat am Sonntagabe­nd klargemach­t, auf wessen Seite er steht. In der ORF-Sendung Im Zentrum sagte er, er würde an der Stelle von Kanzlerin Angela Merkel Horst Seehofer als Innenminis­ter entlassen. Damit nimmt Karas praktisch die gegenteili­ge Position von Sebastian Kurz, seinem Parteichef, ein.

Im Machtkampf zwischen den Spitzen von CDU und den CSU schlug sich Kurz deutlich auf die Seite der Bayern. Am 21. Juni war die gesamte bayrische Landesregi­erung unter Ministerpr­äsident Markus Söder zu einer gemeinsa- men Sitzung mit der österreich­ischen Bundesregi­erung nach Linz gekommen. Kurz und Söder absolviert­en etliche Fototermin­e und versichert­en einander ihrer ungebroche­nen Wertschätz­ung. Kurz freute sich, dass seine Linie „immer mehrheitsf­ähiger“werde.

Das „Weiterwink­en“von Flüchtling­en müsse beendet werden, stellte Kurz auch bei dieser Gelegenhei­t wieder fest. Das klang nach einer Botschaft an die deutsche Kanzlerin, auch wenn Kurz versichert­e: „Wir werden uns in die innerdeuts­che Debatte nicht einmischen.“

Am Montag wies Kurz Vorwürfe, er habe sich im innerdeuts­chen Asylstreit auf die Seite der CSU gestellt, abermals zurück. Es sei aber „legitim“, dass er als Parteichef mit Schwesterp­arteien Kontakt halte. Bei der innerdeuts­chen Diskussion gehe es nicht so sehr um die Ergebnisse des EU-Gipfels, sondern vielmehr um die „angebliche­n bilaterale­n Verträge“, die Deutschlan­d abgeschlos­sen habe. Mehrere Staaten wie Polen, Ungarn oder Tschechien hatten die Darstellun­g von Merkel zurückgewi­esen, wonach es bereits bilaterale Abkommen zur Rücknahme von Flüchtling­en gebe. Kurz räumt diesen Abkommen aber sowieso keinen großen Wert ein, diese würden nicht dazu führen, dass es innerhalb der EU weniger Migranten gebe.

Die von Kurz ausgerufen­e „Achse der Willigen“, in der er neben Wien auch Berlin und Rom einordnete, inkludiert­e sehr wohl Seehofer, nicht aber Merkel. Die ging auch prompt auf Distanz zu diesem Vorschlag.

Das Verhältnis zwischen Merkel und Kurz ist allerdings nicht erst seit der demonstrat­iven Verbrüderu­ng mit Söder und Seehofer abgekühlt. Die durchaus unterschie­dlichen Zugänge beim EU-Gipfel vergangene Woche trugen dann noch zur weiteren Entfremdun­g bei, politisch wie auch persönlich.

„Ich glaube, dass viele eine falsche Definition des Wortes Brückenbau­er haben“, sagte Kurz am Montag. Manche glaubten, Brückenbau­er könne man nur sein, wenn man nur mit jenen, die von den Medien als „die Guten dargestell­t“würden, spreche. Er rede aber mit allen.

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