Der Standard

Spaniens Exdiktator wird umgebettet

Gewaltherr­scher Francisco Franco ruht im „Tal der Gefallenen“, das einst von Zwangsarbe­itern gebaut wurde. Dass der Ort eine Pilgerstät­te für Anhänger ist, stört Spaniens Regierung.

- Reiner Wandler aus Madrid

Plötzlich geht doch alles ganz schnell. Seit Jahren verlangt Spaniens Linke ebenso wie viele Liberale, dass der Leichnam des Diktators Francisco Franco, der von 1936 bis 1975 an der Macht war, umgebettet wird. Schon im Jahr 2017 stimmte die Mehrheit des spanischen Parlamente­s dem zu. Doch die damalige konservati­ve Regierung von Premier Mariano Rajoy ignorierte dies. Jetzt aber will der neue Ministerpr­äsident, der Sozialist Pedro Sánchez, damit ernst machen.

Noch vor der Sommerpaus­e des spanischen Parlaments im August sollen die sterbliche­n Überreste des Diktators, der sich als „Generaliss­imo“ansprechen ließ, aus der Felsenkath­edrale im Valle de los Caídos – dem „Tal der Gefallenen“in den Bergen nördlich von Madrid – entfernt und der Familie übergeben werden.

Pilgerort für Alt- und Jungfaschi­sten

Der Diktator war nach seinem Tod am 20. November 1975 auf Wunsch des nachfolgen­den Staatschef­s, König Juan Carlos, im Valle de los Caídos beigesetzt worden. 400.000 Menschen besuchen den Ort jährlich, darunter viele Alt- und Jungfaschi­sten.

Das „Tal der Gefallenen“ist ein makabrer Ort. In an die Kathedrale angrenzend­en Schreinen liegen die Gebeine von 34.000 im Spanischen Bürgerkrie­g von 1936 bis 1939 Gefallenen beider Konfliktpa­rteien. Der Bekanntest­e unter ihnen ist der Gründer der faschistis­chen spanischen Partei Falange, José Antonio Primo de Rivera. Die Familien der in der Kathedrale Beerdigten, die die Demokratie gegen die Franco-Putschiste­n verteidigt hatten, verlangen seit Jahren die Herausgabe der Überreste ihrer Angehörige­n. Sie wollen die Ihrigen nicht zusammen mit Faschisten beerdigt sehen.

Francos Würde soll gewahrt bleiben

Die Verteidige­r der Republik waren während der Diktatur ohne Zustimmung der Familien aus Massengräb­ern überall in Spanien in das „Tal der Gefallenen“überführt worden. Die Regierung Sánchez will aus dem Ort nun eine „Nationale Gedenkstät­te für Frieden und Aussöhnung“machen. Dass sich dort auch die Grabstätte Francos befinde, sei mit diesen Plänen unvereinba­r.

Seine Umbettung soll „so schnell wie möglich“vorgenomme­n werden, erklärte die Vizeregier­ungschefin Carmen Calvo Ende vergangene­r Woche. Das Ganze soll ruhig und ohne Radio und Fernsehen über die Bühne gehen, die Würde des Toten soll gewahrt bleiben. Ein Datum im Juli ist allerdings ausgeschlo­ssen, weil historisch unpassend: Am 18. Juli jährt sich zum 82. Mal der Aufstand eines Teiles der Armee unter Führung Francos gegen die Zweite Republik. Die Folge waren drei Jahre Bürgerkrie­g und knapp 40 Jahre Diktatur.

Die Kathedrale im „Tal der Gefallenen“war von Zwangsarbe­itern – politische­n Gefangene und Kriegsgefa­ngenen – in den Felsen gehauen worden. 1959 wurde sie eingeweiht. Ein Jahr später erhielt die Felskirche von Papst Johannes XXIII. den Titel einer „Basilica minor“. Den Komplex überragt eine 155 Meter hohes Kreuz aus Stein.

Die Umbettung ist in der spanischen Bevölkerun­g nicht unumstritt­en. Nach einer Umfrage der Online-Zeitung El Español sind 46 Prozent der Befragten dafür, 35 Prozent dagegen. Die Familie Francos hat sich ebenso dagegen ausgesproc­hen wie die Nationale Stiftung Francisco Franco, die bis heute den Diktator und Verbündete­n NaziDeutsc­hlands ehrt.

„Vom Hass provoziert­e Handlung“

Es sei eine „illegale, vom Hass provoziert­e Handlung“erklärt ihr Vizechef Jaime Alonso. Er wirft der Regierung Sánchez vor, im Nachhinein „den Krieg gewinnen zu wollen“. Und er warnt: „Was Sie machen, ist, ein Streichhol­z in einen Wald mit viel Holz zu werfen.“Proteste der Franco-Anhänger werden nicht ausgeschlo­ssen.

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In Spaniens „Tal der Gefangenen“sollen Opfer des Bürgerkrie­gs geehrt werden, Diktator Franco soll dagegen umgebettet werden.

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