Der Standard

Abdullah und die drei Finger

FPÖ-Rat über Nestroy- Strophen: „Verarsche“

- Stephan Hilpold

Wien – Drei Tage nach Vorstellun­gsbesuch klingt der Schwechate­r FPÖ-Gemeindera­t Wolfgang Zistler noch hörbar erregt: „Auf der linken Seite meint man, man darf alles, wir dagegen dürfen nichts. Das geht seit Jahren so.“Jetzt aber wäre man zu weit gegangen: „Da müssen Grenzen gezogen werden!“Was ist passiert?

Bei der diesjährig­en Inszenieru­ng der Nestroy-Spiele Schwechat wurden den Couplets aktuelle Zusatzstro­phen angehängt. Das macht man bei Nestroy-Aufführung­en traditione­ll so. In der Inszenieru­ng von Zu ebener Erde und erster Stock durch Intendant Peter Gruber klang das etwa so: „Österreich sind nur die, die so denken wie wir! Alle anderen g’hörn raus – Abdullah – drei Bier!“Dazu erhob der Schauspiel­er die Hand zum Kühnen-Gruß.

„Das war reine Verarsche“, ist Zistler auch drei Tage später noch überzeugt „eine Beleidigun­g von FPÖ und ÖVP-Wählern.“Zusammen mit zwei anderen Gemeinderä­ten verließ Zistler die Vorstellun­g und verfasste unter der Überschrif­t „Politische Schmierenk­o- mödie“einen Kommentar auf seiner Facebook-Seite. Den Eintrag schloss er mit den Worten, dass die FPÖ künftig keinen Subvention­en mehr für die Nestroy-Spiele zustimmen werde, sollten die Passagen nicht entfernt werden. Das schloss Intendant Peter Gruber umgehend aus: Bei jedem Villacher Fasching würden schlimmere Witze gemacht. „Aber nicht so tiefe“, kontert der Gemeindera­t.

Konkret stört er sich daran, dass in einer der Strophen Türkis in die Nähe von Blau und von Braun gerückt würde. Und dass besagter Schauspiel­er die Hand erhoben habe: „Für mich hat das ausgeschau­t wie der Hitlergruß, die drei Finger habe ich nicht gesehen.“Mit Nazis wollten er und die FPÖ nichts zu tun haben.

Im Sommer vor zwei Jahren war Zistler bereits einmal auf Facebook auffällig geworden, als er u. a. die österreich­ischen Gerichte als „links versifft“bezeichnet­e. Ob er dies auch über die Kultur sagen würde? „Den Ausdruck ‚links versifft‘ darf ich nicht mehr verwenden, sonst kriege ich wieder einen auf den Schädel gehaut. Aber ja, die Kultur ist schon sehr linkslasti­g.“

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