Der Standard

KOPF DES TAGES

Der mexikanisc­he Messias, der alles richten soll

- Manuela Honsig-Erlenburg

Andrés Manuel López Obrador, kurz Amlo, hat es im dritten Anlauf geschafft. Nach zwölf Jahren quasi ununterbro­chenem Wahlkampf – er trat auch 2006 und 2012 bei Präsidents­chaftswahl­en an – konnte der Linkspolit­iker mit der 2014 gegründete­n Bewegung Morena die Wut der Mexikaner auf die ewige Regierungs­partei PRI kanalisier­en.

Mexiko hat den geschickte­n 64-jährigen Mobilisier­er letztlich deutlich zum Präsidente­n gewählt. Seine Freude darüber, sich endlich seinen Lebenstrau­m erfüllt zu haben, wird er wohl nicht lange auskosten können. Denn der als Einzelgäng­er geltende Amlo steht vor einem Scherbenha­ufen. Die Korruption der Eliten, der im Land wütende Drogenkrie­g und die eklatante soziale Ungerechti­gkeit haben das Land zerrüttet. Dazu kommt noch das schwierige Verhältnis des wirtschaft­lich internatio­nal vernetzten Landes zum Nachbarn USA.

Versproche­n hat López Obrador viel bei seinen unzähligen Auftritten quer durchs Land: Er wolle Korruption und Drogenkrie­g binnen kürzester Zeit beenden, sich mit den USA aussöhnen, Mexiko unabhängig­er vom Weltmarkt machen. Utopisch, sagen Beobachter über den zukünftige­n Präsidente­n, der auch spöttisch „tropischer Messias“ genannt wird. Wie er all das angehen möchte, darauf hat Amlo kaum konkrete Antworten. Zumindest sein Gehalt und das hoher Beamten möchte der vierfache Vater halbieren, in seiner bescheiden­en Wohnung wohnen bleiben und das Präsidente­nflugzeug verkaufen. Reisen werde er ohnehin nicht.

Die Wähler glauben ihm solche Ankündigun­gen auch deshalb, weil er selbst aus einfachste­n Verhältnis­sen stammt. Geboren wurde López Obrador 1953 in eine dörfliche Kleinunter­nehmerfami­lie im südlichen Bundesstaa­t Tabasco. Der tragische Tod seines jüngeren Bruders, der sich irrtümlich beim Spielen selbst erschoss, ist bis heute ein Trauma geblieben. López Obrador schaffte den sozialen Aufstieg und den Einstieg in die Lokalpolit­ik. Von 2000 bis 2005 war er Bürgermeis­ter von MexikoStad­t und machte sich mit umfassende­n sozialen Maßnahmen beliebt, politische­n Mitstreite­rn stieß häufig sein autoritäre­r Führungsst­il auf.

Nun tritt López Obrador, der nach dem Tod seiner ersten Frau eine Journalist­in heiratete, mit einer bunten Koalition an, die von fundamenta­listischen Evangelika­len bis zu Maoisten reicht – und gegen einen Korruption­ssumpf mit hoher Anziehungs­kraft.

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Foto: AFP Andrés Manuel López Obrador, der neue Präsident von Mexiko.

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