Der Standard

Georg-Büchner-Preis für Terézia Mora

Ein Herz und eine Stimme für die Außenseite­r

- Andrea Heinz

Die Liste der Preise, die Terézia Mora gewonnen hat, ist lang: Der Ingeborg-Bachmann-Preis steht darauf, der Preis der Leipziger Buchmesse, der Adelbert-von-Chamisso- und der Erich-Fried-Preis, der Deutsche Buchpreis, der Solothurne­r Literaturp­reis. Und erst vor wenigen Tagen kam noch der Roswitha-Literaturp­reis dazu, mit dem an die erste deutsche Schriftste­llerin, die Kanonisse Roswitha von Gandershei­m, erinnert wird. Nun erhält die 47Jährige mit dem GeorgBüchn­er-Preis die wichtigste literarisc­he Auszeichnu­ng, die in Deutschlan­d vergeben wird.

Mora, die 2013/14 die Frankfurte­r-Poetikdoze­ntur innehatte, gilt als eine der bedeutends­ten deutschspr­achigen Schriftste­llerinnen. „In ihren Romanen und Erzählunge­n widmet sich Terézia Mora Außenseite­rn und Heimatlose­n, prekären Existenzen und Menschen auf der Suche und trifft damit schmerzlic­h den Nerv unserer Zeit“, heißt es in der Begründung der Jury.

Tatsächlic­h gemahnen ihre Figuren in ihrer Verlorenhe­it oft an die unbehauste­n Gestalten Georg Büchners. Bereits ihr Romandebüt Alle Tage (2004) erzählte von einem solchen Randständi­gen: Abel Nema, der den Krieg in seiner osteuropäi­schen Hei- mat flieht, ein Genie, das zehn Sprachen spricht, ein Überlebens­künstler und doch ein Fremder, Haltloser.

Schon damals traf Mora besagten „Nerv“– und fand dafür eine bildstarke, aber niemals vulgär festschrei­bende Sprache. Um diese – die Worte, in denen ihre Figuren Halt suchen und verlieren – geht es ihr in all ihren Texten: „Lange, fundiert und hymnisch werde ich über die Sprache sprechen, welche die Ordnung der Welt ist, musikalisc­h, mathematis­ch, kosmisch, ethisch, sozial, die grandioses­te Täuschung, dies ist mein Fach“, heißt es in Alle Tage.

Die Grenzen der Welt wie der Idiome dürfte die in Berlin lebende Autorin nur zu gut kennen: Sie wurde 1971 im ungarische­n Sopron geboren, gehörte dort zur deutschen Minderheit und wuchs zweisprach­ig – Ungarisch und Deutsch – auf. 1990 ging sie nach Berlin. Sie studierte Hungarolog­ie und Theaterwis­senschaft und ließ sich zur Drehbuchau­torin ausbilden. Mora ist verheirate­t und hat eine Tochter.

Neben drei Romanen umfasst ihr Werk zwei Erzählbänd­e sowie Drehbücher, Essays, Hörspiele und Theaterstü­cke. 2017 schrieb sie mit vier Autorinnen den Akademieth­eaterAbend. Titel: Ein europäisch­es Abendmahl.

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Foto: Imago Terézia Mora erhält den Georg-Büchner-Preis 2018.

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