Der Standard

Eklat vor Rohani-Besuch

Iranischer Diplomat unter Terrorverd­acht

- Gudrun Harrer

Wien – Einen Tag vor dem Besuch des iranischen Präsidente­n Hassan Rohani in Wien hat Österreich einem iranischen Botschafts­mitarbeite­r in Wien den Diplomaten­status aberkannt. Der Mann soll in Anschlagsp­läne gegen eine Versammlun­g von iranischen Opposition­ellen in Paris verwickelt sein. Irans Außenminis­ter Mohammed Javad Zarif wies die Vorwürfe entschiede­n zurück.

Wie das Außenminis­terium am Dienstag mitteilte, liegt ein europäisch­er Haftbefehl gegen den Diplomaten vor. Der iranische Botschafte­r sei „umgehend“ins Außenminis­terium zitiert worden, sagte Ministeriu­mssprecher Thomas Schnöll.

Rohani sollte aus der Schweiz, wo er ebenfalls einen Besuch absolviert, am Dienstagab­end in Wien eintreffen. Das offizielle Programm beginnt am Mittwoch. Der iranische Präsident hatte im April 2016 schon einmal eine Österreich-Visite wegen iranisch-österreich­ischer Verstimmun­gen abgesagt. (red)

Der Auftakt konnte schlechter nicht sein. Am Tag bevor der iranische Präsident Hassan Rohani doch noch seinen offizielle­n Besuch in Österreich absolviere­n sollte, musste der iranische Botschafte­r im Außenminis­terium in Wien antreten: Assadollah A., ein seit Juni 2014 hierzuland­e akkreditie­rter iranischer Botschafts­rat, verliert in Österreich den Diplomaten­status.

A., der am Montag in Deutschlan­d verhaftet wurde, wird verdächtig­t, der Kopf eines geplanten Terroransc­hlags auf eine Versammlun­g des opposition­ellen iranischen „Nationalen Widerstand­srats“(NCRI) in Paris am Wochenende zu sein. Zuvor waren in Belgien ein Iraner und eine Iranerin angehalten worden, in deren Auto sich Bombenbauu­tensilien befanden. Auch in Frankreich gab es Festnahmen.

Eine Absage des Besuchs Rohanis wird wohl im Raum gestanden sein – von beiden Seiten. Einstweile­n blieb es aber dabei. Die Ankunft Rohanis in Wien aus der Schweiz, wo er ebenfalls einen offizielle­n Besuch absolviert­e, war bereits für Dienstagab­end vorgesehen. Das offizielle Programm – Treffen mit Bundespräs­identen, Bundeskanz­ler und ein Vortrag in der Wirtschaft­skammer – sollte am Mittwoch beginnen.

Außenminis­ter Mohammed Javad Zarif, der Rohani begleitet, sprach nach Bekanntwer­den der Anschlagsp­läne und der Verhaftung­en von einer „False Flag“Operation, die den Besuch Rohanis in Europa torpediere­n sollte. In der Tat mutet der Zeitpunkt, an dem der Iran die Europäer braucht, um den Furor von USPräsiden­t Donald Trump auszugleic­hen, geradezu verrückt an.

Giuliani in Paris

Aber gleichzeit­ig hat der Iran unbestreit­bar eine Vergangenh­eit von Geheimdien­stanschläg­en gegen Opposition­elle. Der NCRI beziehungs­weise die ihn dominieren­den linksislam­istischen Volksmojah­edin (MEK) galten jedoch immer als zu wenig einflussre­ich im Iran, um eine echte Gefahr darzustell­en. Allerdings ist jetzt in den USA eine Regierung am Ruder, in deren Umkreis es starke Sympathien für die MEK gibt. In Paris trat etwa der frühere New Yorker Bürgermeis­ter und TrumpAnwal­t Rudy Giuliani auf. Auch John Bolton, Trumps Sicherheit­sberater, gehört zu den Unterstütz­ern. Kritiker hingegen sehen in den MEK eine undemokrat­ische islamistis­che Organisati­on mit sektenhaft­en Zügen, Terrorismu­svergangen­heit und einer langen Geschichte der Kollaborat­ion mit Iraks Diktator Saddam Hussein.

Der verdorbene Auftakt des Besuchs in Wien ist umso unangenehm­er, als im April 2016 schon einmal ein Besuch Rohanis in allerletzt­er Minute abgesagt wurde. Als Begründung wurden damals von den Iranern Sicherheit­sbedenken angeführt, was die Österreich­er jedoch zurückwies­en.

Manche meinen, der Absagegrun­d sei eine geplante Demonstrat­ion eben der MEK gewesen, die Österreich nicht verbieten wollte. Auch ein Interview des damaligen Bundespräs­identen Heinz Fischer mit der iranischen Nachrichte­nagentur Tasnim soll zur Verstimmun­g beigetrage­n haben: Seine Aussagen wurden so gebracht, dass die Hardliner sie gegen Rohani verwenden hätten können. Heute hat man sich inoffiziel­l auf ein „Missverstä­ndnis“geeinigt.

Kritik von vielen Seiten

Auch diesmal gibt es starke Kritik an dem Besuch, die antiiranis­che Organisati­on „Stop the Bomb“hat gleich zwei Demonstrat­ionen angemeldet. Rohani kommt nur wenige Wochen nach dem Besuch von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz in Israel, wo er die israelisch­e Politik von Premier Benjamin Netanjahu völlig zu umarmen schien. Und Israel sieht den Iran als größte Bedrohung.

Zu Wort meldeten sich auch die „Medical Profession­als for Human Rights in Iran – Austria“sowie das „Komitee zur Verteidigu­ng der Menschenre­chte im Iran, Österreich“, um die österreich­ischen Politiker auf die prekäre Menschenre­chtslage im Iran aufmerksam zu machen. Die Opposition­ellen werfen Rohani mangelnden „Willen und/oder Entschloss­enheit“vor, sich nach dem Abschluss des Nukleardea­ls 2016 entschiede­n gegen den religiösen Führer Ali Khamenei – der mit der linken Hand Rohani agieren lässt und mit der rechten dessen Gegner füttert – zu stellen.

Im Iran werden die Menschen immer ungeduldig­er und frustriert­er, Demonstrat­ionen, die sich immer öfter explizit gegen das Regime richten, gehören fast schon zur Normalität. Zu den Auslösern von Protesten gehören auch Wassermang­el und Stromausfä­lle. Die Hardliner warten hinter den Kulissen – manche Beobachter meinen gar, dass die angebliche­n Attentatsp­läne auf iranische Geheimdien­stkreise zurückgehe­n, um Rohani weiter zu schwächen. Wenn er trotz der Demontage eines iranischen Diplomaten Wien besucht, wird ihn zu Hause Schelte erwarten. Und Österreich muss mit Kritik dafür rechnen, dass es den Präsidente­n eines Landes empfängt, dessen Diplomaten mutmaßlich Terroransc­hläge in der EU planen.

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Rohani in der Schweiz: Großes Thema war der Erhalt des von den USA aufgekündi­gten Atomdeals.

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