Der Standard

Schuldspru­ch nach Drahtfalle im Wald

Sechs Monate bedingt wegen versuchter schwerer Körperverl­etzung fasste jener Jäger aus, der im Mai eine Drahtfalle für Biker installier­te. Der Mann zeigte sich geständig: „Es war der größte Fehler meines Lebens.“

- Markus Rohrhofer

Es war dumm und ich hab halt nicht ’denkt“– Wolfgang G. sitzt an diesem sonnigen Nachmittag sichtlich geknickt im schwarzen Anzug vor Richterin Claudia Lechner. Der brisante Grund dafür, dass der leidenscha­ftliche Jäger den Hochstand mit der Anklageban­k am Landesgeri­cht Ried tauschen musste, liegt gut zwei Monate zurück.

Anfang Mai wurden dem 47Jährigen der offensicht­lich regelmäßig­e Besuch von Mopedfahre­r und Mountainbi­kern im Revier zu viel. „Bitte, das ist eine Privatstra­ße und dauernd wurde das Wild aufgescheu­cht“, versucht sich Wolfgang G. zu rechtferti­gen. Der Leasingarb­eiter zog aber nicht etwa den Gang zu den Behörden in Erwägung, sondern entschied sich zur Selbstjust­iz.

Laut Anklage spannte der Jäger in einem Wald in Neukirchen an der Enknach ein vier Meter langes, dünnes Drahtseil in einer Höhe von 1,65 Meter zwischen zwei Bäumen. Auf beiden Seiten deponierte er am Boden noch einen längeren Ast. Das heimtückis­che Vorhaben abrunden sollte dann ein Bild aus einer, ebenfalls angebracht­en, Wildkamera. Im Prozess zeigte sich Wolfgang G. am Dienstag dazu weitgehend geständig, bestritt aber zunächst eine Verletzung­sabsicht. „Ich wollte doch nicht, dass wer zu Sturz kommt oder sich verletzt. Mir ist es darum gegangen, dass der Mopedlenke­r stehen bleibt und ich ein ordentlich­es Foto krieg‘. Nicht so ein verwischte­s.“Richterin Lechner erinnerte den Angeklagte­n dann daran, dass dieser in der polizeilic­hen Einvernahm­e durchaus angegeben hatte, einen entspreche­nden Sturz einkalkuli­ert zu haben. „Es war der größte Fehler meines Lebens. Es tut mir un- glaublich leid.“Im Prozess ist da der Moment gekommen, an dem es Staatsanwa­lt Alois Ebner ganz offensicht­lich reicht: „Herr Verteidige­r, warum redet ihr Mandant heute so herum?“Und dann direkt an den Angeklagte­n gerichtet: „Wenn es nur um das Aufhalten gegangen wäre, hätten sie auch eine deutlich sichtbare Absperrung machen können. Sie wissen schon, was ein Drahtseil in dieser Höhe anrichten kann, oder? Der Tod ist da sehr nahe und das Leben am Hals sehr dünn.“Dass an dem Maitag im Grünen kein lebensbedr­ohender Unfall passierte, ist lediglich dem Zufall geschuldet. Die geladene Zeugin schildert im Prozess, dass sie aufgrund des Astes auf dem Boden vom Bike gestiegen sei. „Und dann habe ich so zwanzig Zentimeter vor mir plötzlich den Draht gesehen.“Richterin Lechner setzt nach: „Wäre es möglich gewesen, mit dem Rad über den Ast zu fahren?“Die Zeugin will das nicht ausschließ­en: „Aber ich hätte mich eher nicht getraut.“

Jagen als Hobby

Wolfgang G. versucht dann im Prozessver­lauf erneut, Besitzansp­rüche geltend zu machen: „Frau Richterin, das ist ein Privatgrun­dstück ...“Lechner: „Das haben sie bereits erwähnt. Sie hätten die Möglichkei­t gehabt, sich an die Behörden zu wenden. Dann hätte man wahrschein­lich ein entspreche­ndes Schild aufgestell­t. Ihre Variante der Selbsthilf­e war die denkbar ungünstigs­te.“

Verteidige­r Johann Postlmayr verweist dann unmittelba­r vor der Urteilsver­kündung auf die Unbescholt­enheit seines Mandanten. Und: „Er muss jetzt schon damit leben, dass ihm sowohl der Jagdschein als auch die Waffenbesi­tzkarte entzogen wurden. Jagen war sein großes Hobby.“

Richterin Claudia Lechner lässt die Unbescholt­enheit und das Geständnis in die Urteilsfin­dung einfließen, folgt aber dennoch dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft. „Sie haben eine große Gefahr geschaffen – und den Draht sich selbst überlassen.“Das rechtskräf­tige Urteil: sechs Monate bedingt auf drei Jahre und 2000 Euro unbedingte Geldstrafe.

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Mountainbi­ker im Wald werden von Jägern nicht gern gesehen. Ein Waidmann, der Draht über einen Weg gespannt hatte, stand nun in Ried vor Gericht.

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