Meischbergers Tagebuch auf dem Prüfstand
Es sind Millionen, die nach dem Unfall in Saif al-Gaddafis Wiener Villa geflossen sein sollen. So steht es im Tagebuch von Exlobbyist Walter Meischberger. Die dort Genannten wissen davon aber nichts.
Der Buwog-Prozess gegen Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser und Co pausiert. Wie lange dessen Befragung dann noch dauern wird, ist freilich nicht klar. Exlobbyist Walter Meischberger stand der Richterin zwölf Verhandlungstage lang Rede und Antwort.
Dabei waren immer wieder seine Tagebucheintragungen Thema. Meischberger hat ab Herbst 2009 Notizen gemacht, damals war die Buwog-Affäre rund um die Provision von fast zehn Millionen Euro aufgeflogen. Ob er sein Tagebuch quasi spontan geführt hat (wie Meischberger sagt) oder in der Annahme, dass es dereinst Aktenbestandteil werde, dazu gibt es unterschiedliche Ansichten.
Unterschiedliche Meinungen gibt es auch, was den Wahrheitsgehalt mancher seiner Eintragungen betrifft. Ein Beispiel ist die Geschichte rund um die Folgen jenes Unfalls, der sich 2007 im Garten der Wiener Villa von Saif al-Gaddafi ereignet hatte. Der zweitälteste Sohn des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi studierte in Wien und feierte Feste. Im April 2007 verunfallte eine 22-jährige Ukrainerin auf dem Grundstück der Döblinger Gaddafi-Villa, sie wurde schwerst verletzt. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt: kein Hinweis auf Fremdverschulden.
Die Geschichte dahinter erzählt Meischberger in seinem Tagebuch nach, beruft sich dabei auf Schilderungen von Franzi C., einem Vertrauten von Jörg Haider.
Auch diese Passage war vor Gericht Thema. C. habe ihm erzählt, dass Gaddafi damals 45 Millionen Euro überwiesen habe, das habe mit dem „‚Unfall‘ bei einer Feier Saifs in Wien zu tun gehabt“. Aus diesem Geld sei dem damaligen Herausgeber der Kronen Zeitung, Hans Dichand, „die Titelgeschichte weggekauft worden“, erzählte Meischberger die Schilderungen von C. nach. der STANDARD hat seinen Sohn, Krone- Herausgeber und Chefredakteur Christoph Dichand, dazu befragt. Er weist das per E-Mail strikt zurück: „Das stimmt nicht, es gab auch keinen Kontakt zu dem genannten Umfeld. Die Berichterstattung der Kronen Zeitung im Zusammenhang mit dem Unfall war sehr umfangreich, möglicherweise war sie auch auf dem Titel. Dazu müsste man ins Archiv schauen.“Und: „Papier ist ja zuweilen geduldig, offensichtlich gilt dies auch für Tagebücher.“Laut elektronischem Zeitungsarchiv hat die Krone berichtet, allerdings nicht auf Seite eins.
Goldener Flug
Gleich nach dem Unfall reiste Saif al-Gaddafi per Privatjet ab, auch zu diesem Flug gibt es im Meischberger-Tagebuch unter Berufung auf C. eine Geschichte. Dem Bedarfsflugunternehmen Goldeck-Flug sei „der Flug vergoldet“worden. Die Fluglinie gehört indirekt dem Bauunternehmer Hans-Peter Haselsteiner. Was sagt er zur Tagebuchnotiz? „Jörg Haider war einer der häufigen Goldeck-Kunden, wenn er einen Jet gebraucht hat, haben ihn unsere Piloten geflogen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass auch Saif von Goldeck geflogen wurde, die hat bei ihren Kunden keinerlei Auslese gemacht.“Ob der spontane Flug vergoldet wurde? Haselsteiner: „Goldeck ist sowieso teuer, und wenn jemand mitten in der Nacht oder ganz plötzlich fliegen muss, ist das sehr teuer. Aber ein vergoldeter Flug? Millionen sind sicher keine geflossen.“
Zu guter Letzt soll aus den Millionen von Haider-Freund Gaddafi Senior laut Tagebucheintrag auch noch einem Kärntner Notenbanker „das eine oder andere Milliönchen“bezahlt worden sein. Zur Einordnung: Ein ehemaliger Kärntner Notenbanker war auch in der Landespolitik aktiv gewesen, für SPÖ, FPÖ bzw. später BZÖ. In der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) weiß man davon nichts und weist die Darstellung zurück. „Das ist eine absurde Behauptung, die OeNB hat damit nichts zu tun“, sagt OeNBSprecher Christian Gutlederer. Die Klagenfurter Filiale der OeNB sei 2004 mit jener in Graz zusammengelegt worden, ob ehemalige Mitarbeiter mit der Sache (wenn es sie denn gegeben hat) zu tun hatten, wisse man nicht.
Am 17. Juli geht die BuwogVerhandlung weiter. Grasser hat kein Tagebuch geführt, wie er ausgesagt hat.