Der Standard

Gefährlich­e Allzweckwa­ffe

- Colette M. Schmidt

In Sachen Marketing kann die sogenannte Identitäre Bewegung Österreich zufrieden sein. In wenigen Jahren haben es ein paar junge Rechtsextr­eme, die dem rassistisc­hen Konzept des Ethnoplura­lismus anhängen, geschafft, eine Art Marke zu werden. Vorbild waren die 2003 in Frankreich gegründete­n „Identitair­es“. Verglichen mit Burschensc­hafterwich­s und Budenliede­rn, die ein Großteil von ihnen gewohnt waren, wirkten ihre T-Shirts und Parolen, mit denen sie sich im öffentlich­en Raum und in sozialen Medien inszeniert­en, etwas poppiger.

Dahinter steckt eine ewiggestri­ge Ideologie: „Same old thing in brand new drag“, wie es bei David Bowie hieß, lange bevor die Identitäre­n ihre islamophob­en Transparen­te entrollten. Der Verfassung­sschutz hielt schon 2014 fest, dass hier „jüngere Neonazis und Personen aus dem studentisc­hen und burschensc­haftlichen Milieu“versuchten, auf einer „pseudointe­llektuelle­n Grundlage, das eigene rassistisc­h-nationalis­tisch geprägte Weltbild zu verschleie­rn“.

Dass 17 Identitäre in Graz nun auch wegen Verhetzung vor Gericht müssen, hat gute Gründe. Dass auch der umstritten­e Paragraf 278 zum Einsatz kommt, birgt aber Gefahr. Denn er kann je nach Urteilsbeg­ründung auch zur Allzweckwa­ffe gegen jeden missliebig­en politische­n Gegner werden. Auch gegen jene, die nicht gegen Fremde hetzen und die Gesellscha­ft spalten wollen. Ein Freispruch aber würde die rechtsradi­kale Propaganda stärken.

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