Der Standard

Kopf des Tages

- Thomas Mayer

Erstmals ist mit Souad Abderrahim eine Frau ins Bürgermeis­teramt der tunesische­n Hauptstadt Tunis gewählt worden.

Es sind irritieren­de Sätze, die Polens Premier Matteusz Morawiecki den Abgeordnet­en im EU-Parlament zurief: Jedes Land müsse „das Recht gemäß seinen Traditione­n gestalten dürfen“. Als sei EU-Recht variabel. Oder: „Europa erlebt gerade ein demokratis­ches Erwachen.“

Das sagt ein Nationalko­nservative­r, der in den 1980ern als Teenager der Solidarnoś­ć beigetrete­n war und Geschichte und Wirtschaft studiert hat. Seine Regierung steht bei den EU-Institutio­nen wie bei (fast) allen EU-Regierunge­n im Verdacht, die EU-Grundrecht­scharta und das Prinzip der Rechtsstaa­tlichkeit zu verletzen – die Säulen der Union. Beim Europäisch­en Gerichtsho­f laufen Klagen wegen nationaler Richterabb­erufungen. Morawiecki sagte dazu seltsame Sätze: „Polen ist ein stolzes Land, bitte erteilen Sie uns keine Lehren.“Und: „Wir versuchen, das Joch des Kommunismu­s abzuwerfen.“

27 Jahre nach dem Zusammenbr­uch der Sowjetunio­n und vierzehn Jahre nach dem EU-Beitritt seines Landes klingt diese „Brüssel ist wie Moskau“-Devise geradezu verrückt. Aber es ist Realität in Polen, wo eine Mischung aus autoritäre­m politische­m Denken und streng katholisch­em Glauben regiert und das tolerante „andere Polen“zerstören will. Mit Juristerei und gutem Zureden allein ist dem nicht beizukomme­n. Es sind „Kommuniste­nfresser“am Ruder, die (noch) nicht im 21. Jahrhunder­t angekommen sind. Die EU wird sich mehr einfallen lassen müssen, als zu klagen.

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