Musik und Tanz als ewiges Duett?
Wie eng die beiden wirklich verbandelt sind
Eigentlich scheint alles klar: Musik und Tanz sind so eng verwoben, dass eine Trennung undenkbar anmutet. Wer könnte im Club ohne Musik abtanzen oder auf einem Ball in völliger Stille einen Walzer aufs Parkett hinlegen? Über die Ursprünge des Tanzes gibt es zwar keinerlei Zeugnisse, aber eine konkrete Vorstellung: rhythmische Bewegungen zu den Klängen archaischer Instrumente.
Auch nicht mehr belegbar ist, wie Menschen die wilde Fülle der sie umgebenden Geräusche zu domestizieren gelernt haben. Gab der Gesang von Vögeln die zündende Inspiration? Und wie war‘s beim Tanz? Tierische Balzrituale zeigen: Die Spezies Homo besitzt kein Monopol auf das Tanzen.
Bei den Tänzen etwa von Bienen, Pfauenspinnen und Flamingos fällt zudem auf, dass diese ohne Band oder Orchester auskommen. Daraus folgt: Die Zusammenkunft von strukturierten Bewegungen und organisierten Tönen ist ein Verdienst kultureller Bemühungen des Menschen. Andererseits erzeugen vor allem rhythmische Klangfolgen den Drang, sich dazu zu bewegen. Und beim Film verleiht die Musik den bewegten Bildern eine zusätzliche Raumdynamik. Noch dazu dringen akustisch untermalte Handlungen tiefer in die Gefühlswelt vor als rein visuelle. Das gilt auch für den künstlerischen Tanz. Der stellt die gewohnte Verwobenheit von körperlicher und klanglicher Dynamik seit dem frühen 20. Jahrhundert immer wieder auf die Probe. Bis hin zur Trennung der beiden und der Neuordnung ihrer Verbindungen.
Musik und Tanz nehmen heute jede denkmögliche Position zueinander ein. Komposition und Choreografie können, wie weiland Merce Cunningham zeigte, getrennt entstehen und erst in den Aufführungen gekoppelt werden.
Mit Musik werden Stimmungsbilder und Raumillusionen erzeugt, die den Blick auf die Tänzer verändern. Und darin ganze Referenzsysteme, die den Körpern auf der Bühne bestimmte Bedeutungen verleihen.
Heute werden im Tanz alle technisch und künstlerisch verfügbaren Möglichkeiten musikalischer Intervention genutzt. Manchmal fällt die Musik sogar ganz weg. Dann erzeugen nur die Tänzerkörper den Klang ihrer Präsenz. Seltsamerweise kann gerade das zu ganz besonders sinnlichen Erlebnissen führen.