Was das Gute am Schreien ist
Zum Workshop-Festival von Impulstanz im Wiener Arsenal locken mehr als 200 verschiedene Kurse. Sie zeugen von der gewaltigen Bandbreite an Kreativität, die in den Tanz einbezogen ist.
Um den Kopf freizubekommen, kann man entweder joggen oder auch einen Schrei-Workshop besuchen“, so Rio Rutzinger, künstlerischer Leiter des Workshop-Programms, das auch in diesem Jahr das Impulstanz-Festival begleitet.
Unter den 150 Dozenten und Dozentinnen befinden sich altbekannte Gesichter wie Matteo Fargion mit seinem Bach-ChoräleWorkshop oder neue Kurse wie der erwähnte Schrei-Workshop sounds of pressure von Veza Fernandez und Christina Lederhaas.
Stolz ist Rutzinger auch auf eine eigens durch und für das Festival gefundene Konstellation: Fritz Ostermayer, der sich mehr auf die Dichtkunst versteht als auf die Leitung eines Tanzworkshops, hat sich auf Table Dancing mit der Tänzerin Alix Eynaudi eingelassen. An fünf Tagen werden an einem Tisch Dialoge inszeniert und theatralisiert, die jedes Mal in einer kleinen Aufführung enden.
Neu ist auch das Department Music X Dance. Stand bisher eine Kollaboration zwischen Tanz und bildender Kunst im Fokus, wid- met man sich in diesem Jahr verstärkt jener älteren Verbindung von Tanz und Musik. Letztere soll demnach als gleichwertiger Partner und nicht als Beiwerk von Tanz in Erscheinung treten und von Beginn an im Kreativprozess eine Rolle spielen.
Wie bei Simon Mayer, der in Oberösterreich mit Volkstanz aufwuchs und in Wien eine klassische Ausbildung an der Wiener Staatsopernballettschule erhielt. In seinem Workshop FolkTranceParty verbindet er House mit Volksmusik. Zehn Stunden lang können Profis und nichtprofessionelle Tänzer mit Musikern gemeinsam auf der Tanzfläche feiern und die Erfahrung genießen, die Musik nicht vom Band, sondern live neben sich zu hören.
Die Verbindung von Musik und Tanz kann sich aber auch in einer Person zeigen: Der bulgarische Performancekünstler Ivo Dimchev hat sowohl eine Mezzosopran- als auch eine Tanzausbildung. Die Teilnehmer seines Kurses Love Song dürfen „das Schlimmste tun, was du als zeitgenössischer Kunstschaffender machen kannst“, und ein Liebeslied schreiben.
... es hebt die Stimmung
Auch die in Wien lebende Gruppe Cowbirds verbindet die Lust und Liebe zu beiden Formen. Die Kombination besteht aus zwei Tänzerinnen und zwei SängerinTänzerinnen. In ihrem Workshop Voice Tales werden sie die stimmlichen Klänge untersuchen.
Besonders solche Stimm-Workshops sind für Teilnehmer geeignet, die nicht vorwiegend tanzbegeistert sind. „Es gibt fast keinen Workshop, in dem nicht irgendjemand weint“, sagt Rutzinger. In der Verbindung von Stimme und Bewegung komme eine besondere Emotionalität zutage. „Vor allem mit Anfängern passiert in den Workshops wahnsinnig viel.“Genau 100 der angebotenen 235 Workshops sind sogenannte Open-Level-Kurse. Jeder ist eingeladen teilzunehmen oder auch nur zuzusehen. In den großen Hallen des Wiener Arsenals muss man keine Scheu haben, die Workshopteilnehmer durch einen Besuch zu stören.
„All levels, all bodies, all ages“– so lautet das Motto der Impulstanz-Workshops. Es sei kein elitärer Zirkel, sondern eine Einladung für jeden, einfach vorbeizukommen. Für Kinder ab zehn Jahren bieten zum Beispiel die Beatboxer Kaveri und Philipp Sageder den Workshop Feetbox mit klassischem indischen Tanz an.
Auch das Arsenal an sich ist zur Festivalzeit einen Besuch wert: Durch die Performances draußen dynamisiert, trifft sich hier die internationale Szene bei Battles, am Pool oder in der Cafeteria.