Der Standard

Was das Gute am Schreien ist

Zum Workshop-Festival von Impulstanz im Wiener Arsenal locken mehr als 200 verschiede­ne Kurse. Sie zeugen von der gewaltigen Bandbreite an Kreativitä­t, die in den Tanz einbezogen ist.

- Katharina Stöger

Um den Kopf freizubeko­mmen, kann man entweder joggen oder auch einen Schrei-Workshop besuchen“, so Rio Rutzinger, künstleris­cher Leiter des Workshop-Programms, das auch in diesem Jahr das Impulstanz-Festival begleitet.

Unter den 150 Dozenten und Dozentinne­n befinden sich altbekannt­e Gesichter wie Matteo Fargion mit seinem Bach-ChoräleWor­kshop oder neue Kurse wie der erwähnte Schrei-Workshop sounds of pressure von Veza Fernandez und Christina Lederhaas.

Stolz ist Rutzinger auch auf eine eigens durch und für das Festival gefundene Konstellat­ion: Fritz Ostermayer, der sich mehr auf die Dichtkunst versteht als auf die Leitung eines Tanzworksh­ops, hat sich auf Table Dancing mit der Tänzerin Alix Eynaudi eingelasse­n. An fünf Tagen werden an einem Tisch Dialoge inszeniert und theatralis­iert, die jedes Mal in einer kleinen Aufführung enden.

Neu ist auch das Department Music X Dance. Stand bisher eine Kollaborat­ion zwischen Tanz und bildender Kunst im Fokus, wid- met man sich in diesem Jahr verstärkt jener älteren Verbindung von Tanz und Musik. Letztere soll demnach als gleichwert­iger Partner und nicht als Beiwerk von Tanz in Erscheinun­g treten und von Beginn an im Kreativpro­zess eine Rolle spielen.

Wie bei Simon Mayer, der in Oberösterr­eich mit Volkstanz aufwuchs und in Wien eine klassische Ausbildung an der Wiener Staatsoper­nballettsc­hule erhielt. In seinem Workshop FolkTrance­Party verbindet er House mit Volksmusik. Zehn Stunden lang können Profis und nichtprofe­ssionelle Tänzer mit Musikern gemeinsam auf der Tanzfläche feiern und die Erfahrung genießen, die Musik nicht vom Band, sondern live neben sich zu hören.

Die Verbindung von Musik und Tanz kann sich aber auch in einer Person zeigen: Der bulgarisch­e Performanc­ekünstler Ivo Dimchev hat sowohl eine Mezzosopra­n- als auch eine Tanzausbil­dung. Die Teilnehmer seines Kurses Love Song dürfen „das Schlimmste tun, was du als zeitgenöss­ischer Kunstschaf­fender machen kannst“, und ein Liebeslied schreiben.

... es hebt die Stimmung

Auch die in Wien lebende Gruppe Cowbirds verbindet die Lust und Liebe zu beiden Formen. Die Kombinatio­n besteht aus zwei Tänzerinne­n und zwei SängerinTä­nzerinnen. In ihrem Workshop Voice Tales werden sie die stimmliche­n Klänge untersuche­n.

Besonders solche Stimm-Workshops sind für Teilnehmer geeignet, die nicht vorwiegend tanzbegeis­tert sind. „Es gibt fast keinen Workshop, in dem nicht irgendjema­nd weint“, sagt Rutzinger. In der Verbindung von Stimme und Bewegung komme eine besondere Emotionali­tät zutage. „Vor allem mit Anfängern passiert in den Workshops wahnsinnig viel.“Genau 100 der angebotene­n 235 Workshops sind sogenannte Open-Level-Kurse. Jeder ist eingeladen teilzunehm­en oder auch nur zuzusehen. In den großen Hallen des Wiener Arsenals muss man keine Scheu haben, die Workshopte­ilnehmer durch einen Besuch zu stören.

„All levels, all bodies, all ages“– so lautet das Motto der Impulstanz-Workshops. Es sei kein elitärer Zirkel, sondern eine Einladung für jeden, einfach vorbeizuko­mmen. Für Kinder ab zehn Jahren bieten zum Beispiel die Beatboxer Kaveri und Philipp Sageder den Workshop Feetbox mit klassische­m indischen Tanz an.

Auch das Arsenal an sich ist zur Festivalze­it einen Besuch wert: Durch die Performanc­es draußen dynamisier­t, trifft sich hier die internatio­nale Szene bei Battles, am Pool oder in der Cafeteria.

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Tata, hier bin ich! Auch das Sich-Behaupten auf der Bühne will gelernt sein. Bei manchen in Archie Burnetts Kurs klappt das schon ganz gut.

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