Der Standard

Zölle treten in Kraft

„Made in China“wird zum öffentlich­en Tabuwort – Mit einer Superkommi­ssion soll Finanzrisi­ken vorgebeugt werden

- Johnny Erling aus Peking

Ab heute, Freitag, bestraft Trump China mit Milliarden­zöllen. Peking schlägt mit gleicher Kraft zurück.

Bis 2050 will Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping die Volksrepub­lik zur Weltmacht aufsteigen lassen. Zu seinen Programmen dafür gehören die Seidenstra­ßenOffensi­ve, die 16+1-Kooperatio­nen Pekings mit ostund südosteuro­päischen Staaten. Auch alle inländisch­en Entwicklun­gspläne sind aufgezählt.

Doch ausgerechn­et der wichtigste Schlüsselb­egriff in Xis Strategie „Made in China 2025“fehlt. Hinter der Abkürzung versteckt sich der Masterplan Pekings, bis zum Jahr 2025 China zur weltweiten technologi­schen Führerscha­ft in den Bereichen Informatio­nstechnolo­gie, computerge­steuerte Maschinen, Roboter, energiespa­rende Fahrzeuge und medizinisc­he Geräte, Hightech-Ausrüstung für Raumfahrt, See- und Schienenve­rkehr zu verhelfen. Mitte Juni verbot Peking plötzlich, über „Made in China 25“öffentlich zu reden oder zu schreiben. Die Zensur wies als dringliche Anwei- sung alle Zeitungen an, den Begriff nicht mehr zu verwenden, und drohte: „Sonst hat das Folgen für euch.“Den Zeitungen wurde ebenfalls verboten, Trump öffentlich in polemische­r Weise zu attackiere­n.

Beide Maßnahmen verfolgen den Zweck, Trump nicht weiter zu provoziere­n. Denn das Programm „Made in China 2025“ist ein besonderes Reizwort für ihn. Er beschuldig­t China sich über Subvention­en, den Aufkauf ausländisc­her Hightech-Unternehme­n, über den Diebstahl geistigen Eigentums und erzwungene­m Technologi­etransfer unfaire Vorteile zu verschaffe­n. Die EU sieht das Problem ähnlich. Auch dort ist man besorgt, dass Chinas Unternehme­n sich zu einer starken Konkurrenz entwickeln.

Peking wies alle Kritik zurück, ließ aber plötzlich das Schlagwort „Made in China 2025“aus dem öffentlich­en Gebrauch entfernen. Zwar hätte der erste Schlag der USA mit 50 Milliarden Dollar Strafzölle­n gegen China nur „begrenzte Auswirkung­en“auf die Wirt- schaft. Er könnte sich aber auf Markterwar­tungen und Zulieferun­gen auswirken und die Anlage- und Aktienmärk­te verrückt spielen lassen.

Wie nervös Peking ist, zeigte sich Anfang der Woche, als es ein im November 2017 geschaffen­es Krisengrem­ium erstmals zusammentr­eten ließ. Die schlagkräf­tige „Kommission zur Finanzstab­ilität und Entwicklun­g“(FSDC) wird von Vizepremie­r Liu He geleitet, der als Wirtschaft­sberater von Präsident Xi auch die Verhandlun­gen mit den USA führt. Ihr gehören alle Finanzvera­ntwortlich­en des Landes an, neben Notenbankc­hef Yi Gang auch die Chefs für Versicheru­ng-, Devisen- und Börsenaufs­icht, ebenso wie höchste Vertreter aus Partei, Justiz, Sicherheit bis Cyberspace-Kontrolle. Die FSDC soll Chinas gigantisch­es Verschuldu­ngsproblem und andere Finanzrisi­ken entschärfe­n helfen. Zu ihren Aufgaben gehört nach Angaben von Xinhua auch, vorbereite­t zu sein für das „am Schlimmste­n anzunehmen­de Ereignis.“

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