Der Standard

Türkis-blaue Einsicht

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Bis vor etwa zehn Jahren war Wien ein Hundeklo. In manchen Bezirken hätte man Hundehaufe­n-Slalom-Wettbewerb­e veranstalt­en können.

Dann entstand eine Initiative, die es (auch mit Unterstütz­ung dieses Einserkast­ls) auf weit mehr als 100.000 Unterschri­ften brachte. Die Initiatori­nnen, meist junge Mütter, gingen damit zu Bürgermeis­ter Häupl, der reichte das Problem an Stadtrat Ulli Sima weiter – und die unternahm etwas. Eine Kampagne, die einen Mix aus Humor („Sackerl fürs Gackerl“) und recht saftigen Strafen darstellte, führte dazu, dass die allermeist­en Hundebesit­zer sich auf die Notwendigk­eit besonnen haben, das soziale Zusammenle­ben in der Stadt erträglich zu gestalten. So blieb es bis heute.

Warum das hier nacherzähl­t wird? Weil die türkis-blaue Regierung ursprüngli­ch die Möglichkei­t von Strafen für solche soziale Unverträgl­ichkeiten abschaffen wollte. „Beraten statt Strafen“hieß die Devise. „Weniger Staat, mehr private Einsicht“oder so, war die Devise. Das hätte Wien blitzschne­ll wieder in ein Hundeklo verwandelt. Und andere Verwaltung­sübertretu­ngen wie besoffenes Randaliere­n hätten auch zugenommen. Dann aber geschah etwas sehr Seltenes: Die türkis-blaue Regierung ließ sich vom rot-grünen Wien überzeugen. Bestrafung von komplett uneinsicht­igen Zeitgenoss­en bleibt möglich. Irgendwer bei der türkis-blauen Drüberfahr­regierung ist Argumenten zugänglich. Wow.

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