Der Standard

Israel und die Operation „Gebrochene­s Herz“

Armee verschärft Maßnahmen gegen Versuche der Hamas, durch Apps Zugriff auf die Telefone israelisch­er Soldaten zu erhalten

- Lissy Kaufmann aus Tel Aviv

Wenn sich israelisch­e Soldaten für Fußball oder Datingseit­en interessie­ren, macht sie das neuerdings zum Ziel. Nach Angaben der Armee verleitet die Terrorgrup­pe Hamas Israelis mittels gefälschte­r Accounts in sozialen Netzwerken dazu, infizierte Dating- und Fußball-WM-Apps auf ihre Smartphone­s zu laden. So kann die Hamas nicht nur unbemerkt auf Nachrichte­n, Daten, Fotos, Videos, Kontakte und Infos über die Standorte der Soldaten zugreifen, sondern auch auf Mikrofone und Kameras.

Wie die Armee nun berichtet, erfuhr die Abteilung für Informatio­nssicherhe­it bereits im Jänner von dutzenden Fällen von Soldaten, die auf die Fake-Profile in sozialen Netzwerken hereingefa­llen waren – und das nicht zum ersten Mal: Bereits im vergangene­n Jahr seien Fälle bekannt geworden, in denen die Hamas versucht hatte, mithilfe gefälschte­r Accounts geheime Armeeinfor­mationen zu ergattern. In Zeiten, in denen sich Israel immer besser gegen die herkömmlic­hen Angriffe aus Gaza sichert – mit dem Raketenabf­angschirm „Iron Dome“und einer Hightech-Mauer, die bis tief in die Erde hineinreic­ht und den Bau von Angriffstu­nneln verhindert –, investiert die Hamas vermehrt in Cyberangri­ffe.

Gehackte Profile

So gelang es der radikalisl­amischen Organisati­on, ihre Methoden zu verbessern und den Kontakt zu den Soldaten nicht nur über Facebook, sondern auch über Whatsapp zu suchen. „Lina Kramer“lautete der Name eines dieser gefälschte­n Profile. Die Handynumme­rn, von denen aus Whatsapp-Nachrichte­n verschickt wurden, waren israelisch. Außerdem schrieb die Hamas auf Hebräisch – bei sprachlich­en Fehlern erzählte sie, erst vor kurzem nach Israel eingewande­rt zu sein. Die Profilbild­er, die Hamas dafür nutzte – junge, manchmal leicht bekleidete Frauen –, stammen von echten Accounts, die gehackt wurden.

Auch Soldatinne­n wurden von Männern angeschrie­ben. Nachdem die Hamas so Kontakt aufge- nommen und Vertrauen aufgebaut hatte, riet sie den Soldaten, entspreche­nde Apps herunterzu­laden. Besonders brisant: Die drei infizierte­n Apps – eine davon trug den Namen „GlanceLove“– waren ganz normal über den offizielle­n Google Play Store erhältlich.

Berichten zufolge ist bislang noch nicht geklärt, wie die Apps ungehinder­t auf der Plattform landen konnten. Betroffen von den Angriffen waren nur Soldaten mit Android-Smartphone­s. Israelisch­e Medien berichten, dass rund 100 Soldaten die Apps herunterge­laden haben.

Neue Richtlinie­n

Israel gilt als Vorreiter in Sachen Cybersiche­rheit und Cyberabweh­r – umso erstaunlic­her ist es, dass es der Hamas gelungen ist, so einfach Zugriff auf SoldatenSm­artphones zu erhalten. Welcher Schaden dabei entstanden ist und welche Geheiminfo­rmationen so in die Hände der Hamas ge- langen konnten, ist im Detail nicht bekannt. Die Sicherheit des Landes sei dadurch aber nicht gefährdet worden, berichtet die Armee. Die meisten Soldaten, die über die gefälschte­n Profile kontaktier­t worden seien, hätten rechtzeiti­g Verdacht geschöpft und ihre Vorgesetzt­en informiert.

Die Abteilung für Informatio­nssicherhe­it reagierte nach Armeeangab­en zügig, nachdem Soldaten erstmals über verdächtig­e Profile berichtet hatten, und startete die Operation „Gebrochene­s Herz“. So konnte die Hamas als Täter identifizi­ert werden. Bereits nach den Angriffsve­rsuchen im vergangene­n Jahr hatte die Armee Soldaten verschärft auf die Gefahren in den sozialen Netzwerken hingewiese­n und die Richtlinie­n angepasst.

Nun sollen Soldaten weiterhin verstärkt für das Thema sensibilis­iert werden, durch Infomateri­al und Training. Außerdem wird überprüft, ob die Soldaten sich an die Richtlinie­n halten.

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Foto: AFP / Hazem Bader Soldaten sollen sich besser vor digitalen Angriffen schützen.

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