Der Standard

Die x-te gegen die goldene Generation

Freitag, 20 Uhr: Höchstfavo­rit Brasilien und Geheimfavo­rit Belgien matchen sich in Kasan um den Einzug ins St. Petersburg­er Halbfinale. Belgien, das nun mit einer Zunge spricht, will mehr. Die goldene Generation ist voller Zuversicht gegen die x-te Genera

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Belgien ist neben Kroatien die zweite Mannschaft im Viertelfin­ale, die man als Generation­enteam bezeichnen könnte. Deren Motto ist darum: Jetzt oder nie. Denn sowohl die kroatische als auch die belgische Generation steht – bis jetzt ausnehmend sehenswert – in ihrem spielerisc­hen Zenit.

Für die Belgier steht am Freitag in Kasan allerdings erst einmal eine ausnehmend schwere Prüfung bevor: Brasilien. Unter den gewohnten Vorzeichen wäre die Sache klar. Aber diesmal lohnt ein zweiter Blick.

Gleiche Höhe

Brasilien ist zwar Zweiter der Fifa-Weltrangli­ste, aber gleich dahinter folgt schon Belgien. In dessen Kader steht ein Einziger, der in der heimischen Liga spielt: Defensivma­nn Leander Dendoncker von RSC Anderlecht.

Alle anderen verdingen sich in großen Ligen bei großen Vereinen. Die „Rode Duivels“, die Roten Teufel, schlagen bei ihren Arbeitgebe­rn mit runden 750 Millionen Euro zu Buche. (Als Soll oder als Haben, egal, das vermengt sich in diesen Ligen eh bis zum Wahnwitz.) Brasilien hält mit einer knappen Milliarde dagegen. Es treffen einander also durchaus zwei Teams auf Augenhöhe. Auch spielerisc­h.

Geld, sagt man, spiele nicht Fußball. Anderersei­ts spielen Fußballer halt schon um Geld. Die guten um gutes, die sehr guten um sehr gutes und solche wie etwa Neymar – der im bisherigen Turnierver­lauf weniger Fußball, mehr Schau gespielt hat – um ein paar Fantastril­lionen (ungefähr).

Dass die Summe solcher Kicker dennoch zu wenig sein kann, haben die Belgier bei all jenen großen Turnieren, bei denen sie ja auch schon als Geheimfavo­riten gehandelt worden sind, unter Beweis gestellt.

Oft hapert es an Kleinigkei­ten, die vom hysterisch­en Außen ins ballesteri­sche Innere hinübersch­wappen. In Belgien, das sich ja seit eh und je quält mit einer enervieren­den Volksgrupp­enstreiter­ei, war es die Sprache. Wallonisch? Flämisch?

Erst jetzt, unterm katalanisc­hen Chefcoach Roberto Martinez, scheint das dorthin gerutscht zu sein, wohin es gehört: unter die Marginalie­n. „Ich beurteile die Spieler nur als Fußballer“, sagt Martinez, dem Separatism­us oder Volksgrupp­enchauvini­smus auch nicht fremd ist. „Mich interessie­rt nicht, woher sie kommen und welche Sprache sie sprechen.“Es sei denn, es ist Englisch, denn das ist die Teamsprach­e, in der sich alles sammelt, was Belgien ausmacht: „Da ist alles drin: die Kolonien, die Türken, die Wallonen und Flamen.“

Fünf Sterne

Romelu Lukaku, der Ausnahmest­ürmer von Manchester United mit Wurzeln im Kongo, spricht die gesamte Breite: „Ich fange einen Satz in Französisc­h an, beendete ihn auf Flämisch, und ich werfe ein bisschen Spanisch und Portugiesi­sch oder Lingala, die Nationalsp­rache im Kongo, ein.“Aber, oder darum: „Ich bin Belgier, wir sind alle Belgier.“

Die anderen sind alle Brasiliane­r. Die sind klarerweis­e keine Geheimfavo­riten. Sondern – mit ihren fünf Sternen am Leiberl – Höchstfavo­riten. Ganz unbrasilia­nisch hat Coach Tite die Defensivkr­aft ordentlich verstärkt, immerhin dachte man sich das Halbfinale als Revanche an Deutschlan­d für das 1:7 daheim vor vier Jahren. Nun muss – müsste – Belgien diese Defensivor­dnung, in der auch Neymar seinen Part zu spielen hat, anbohren. Brasilien fing sich bisher erst ein Tor ein.

Das soll sich, sagt der belgische Meister-Anbohrer Lukaku, ändern. „Mein Plan ist: Freitag gewinnen, dann für St. Petersburg vorbereite­n, dann für Moskau vorbereite­n.“Guter Plan. (sid, wei)

 ??  ?? Der brasiliani­sche Geniekicke­r Neymar brillierte bisher eher als Rumkugler. Eden Hazard, Kapitän der belgischen Geheimfavo­riten, pflegt mit den Seinen die Zuversicht. Und Neymar sei ihnen wurscht.
Der brasiliani­sche Geniekicke­r Neymar brillierte bisher eher als Rumkugler. Eden Hazard, Kapitän der belgischen Geheimfavo­riten, pflegt mit den Seinen die Zuversicht. Und Neymar sei ihnen wurscht.

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