Flieger gegen den Handelskrieg
Boeing und Embraer bauen Verkehrsflugzeuge gemeinsam
Chicago – Trotz angespannter Stimmung und US-Strafzöllen auf Aluminium aus Brasilien schließen der brasilianische Flugzeugbauer Embraer und der deutlich größere US-Konkurrent Boeing ein Bündnis für die zivile Luftfahrt. Man habe eine vorläufige Vereinbarung zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens unterzeichnet, teilten die beiden Unternehmen am Donnerstag mit.
Das Joint Venture bestehe aus dem zivilen Flugzeug- und Servicegeschäft von Embraer und aus zivilen Entwicklungs-, Produktions-, Marketing- und LifecycleServiceaktivitäten von Boeing. In dem Deal wird Embraers kommerzielles Flugzeuggeschäft mit 4,75 Milliarden Dollar (4,08 Mrd. Euro) bewertet und die 80-Prozent-Beteiligung von Boeing an dem Joint Venture mit 3,8 Milliarden Dollar.
Mit dem Vehikel spielen die beiden großen Player unter den Flugzeugbauern im Segment der 90bis 150-Sitzer bald wieder in der gleichen Liga. Damit ist Boeing dem europäischen Konkurrenten Airbus und den CSeries-Modellen des ins Trudeln gekommenen kanadischen Herstellers Bombardier dicht auf den Fersen.
Zudem umfasst das Gemeinschaftsunternehmen Embraers Wartungsapparat. Die weltweite Vermarktung der Flugzeuge wird Zuständigkeit von Boeing.
Wohl steht die formale Zustimmung der brasilianischen Regierung noch aus. Ende Juni hat sie jedoch bereits grundsätzliche Zustimmung für das Vorhaben der beiden Flugzeugbauer signalisiert. Nun ist der Milliardendeal zumindest hinsichtlich Inhalt und Ablauf fixiert.
In einem zweiten Joint Venture wollen die Flugzeugbauer in Verteidigungsprojekten wie etwa der KC-390 zusammenarbeiten, berichtet das Luftfahrt-Portal aero.de. Die Verteidigungssparte Embraers sei auch der Grund dafür, dass die Verhandlungen über das Joint Venture mehr als sechs Monate lang gedauert haben.
Ohne die Regierung in Brasilia geht bei Embraer gar nichts. Der südamerikanische Staat hält eine sogenannte „Golden Share“und kann mit dieser goldenen Aktie gravierende Veränderungen blockieren. Die Befürchtung war, durch den Pakt mit Boeing die Hoheit über brasilianische Rüstungsprojekte zu verlieren. Früheren Vorschlägen der Unternehmen erteilte sie Absagen – stets mit dem Hinweis, dass Embraer ein strategisch wichtiges Unternehmen sei.
Formal steht die Zustimmung der Regierung unter Premier Michel Temer auch jetzt noch aus, angesichts der Einigung auf operativer Ebene sollte diese aber Formsache sein. (AFP, red)