Der Standard

Napster: Wie alles anfing

Die Online-Tauschbörs­e verführte eine ganze Generation zum Musikdiebs­tahl

- Markus Sulzbacher

Wien – Im Jahr 1999 stellte Napster die Welt ein wenig mehr auf den Kopf, indem die gleichnami­ge Software PCs mit Internetan­schluss in eine Jukebox verwandelt­e. Jeder, der das Programm installier­te, konnte Musikdatei­en über das Netz einfach mit anderen Nutzern tauschen. Das trieb die Musikindus­trie, die ihre Felle davonschwi­mmen sah, zur völligen Weißglut.

Viele User beschriebe­n ihren ersten Kontakt mit der Tauschbörs­e wie einen Rausch. Tagelang wurde alles herunterge­laden, was einem gerade einfiel – und es gab kaum ein Musikstück, das nicht zu finden war. Das war auch der Grund, warum Napster zeitweilig die am schnellste­n wachsende Community des damals noch jun- gen Internets war. Den meisten Nutzern war klar, dass diese Art des Musiktausc­hes nicht ganz legal war, ein schlechtes Gewissen hatte aber kaum jemand. Schließlic­h war es damals auch üblich, kopierte Software zu benutzen. So gab es beim Kauf eines Rechners bei vielen IT-Händlern sogenannte Raubkopien von Windows und Office dazu.

Der Gründer von Napster, Shawn Fanning, entwickelt­e die Software als 18-jähriger Student in Boston, um mit einem in Virginia lebenden Freund Dateien aus- zutauschen. Die Technik war so erfolgreic­h, dass sich Fanning überreden ließ, ins Silicon Valley zu ziehen und eine eigene Firma aufzumache­n. Der Name Napster leitet sich vom Spitznamen Fannings ab, mit dem Mitschüler auf sein dicht gelocktes („nappy“) Haar anspielten.

Schon bald nach der Gründung im Mai 1999 sah sich Napster Klagen der Musikindus­trie ausgesetzt und wurde zum Feindbild der Branche, die Einbußen in Milliarden­höhe beklagte. Seither haben sich Labels und Musiker dem Kampf gegen Onlinepira­ten verschrieb­en. Derzeit hoffen die Rechteverw­erter auf den Einsatz sogenannte Uploadfilt­er, die Inhalte vor ihrer Veröffentl­ichung im Netz prüfen sollen.

Nachdem Napster juristisch nicht hatte zerschlage­n werden können, wusste sich die Musikindus­trie nicht anderes zu helfen, als die Firma zu kaufen. Bertelsman­n übernahm die Tauschbörs­e und besiegelte 2001 ihr Ende. Allerdings schickten sich alsbald unterschie­dlichste Angebote an, das Erbe anzutreten. Beliebt waren etwa Gnutella oder Kazaa. Diese verschwand­en mit dem Aufkommen von Torrentsei­ten, die bis heute wichtige Quellen für kopierte Musik und Filme sind.

Die Marke Napster existiert allerdings immer noch: als ein legaler Musikstrea­mingservic­e, den in Österreich der Diskonter Hofer feilbietet. Solche Angebote haben in den letzten Jahren Musikpirat­erie massiv eingedämmt, da sie für wenig Geld Zugriff auf Millionen Lieder bieten. Besonders populär sind Spotify, Amazon Prime und Apple Music.

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Der 18-jährige Shawn Fanning stürzte 1999 die Musikindus­trie in eine Krise – und versorgte die Jugend kostenlos mit Musik.

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