Der Standard

Großer Staatsprei­s für Kärntner Florjan Lipuš

Erstmals Preis an slowenisch schreibend­en Autor

-

Wien – Bereits vor Jahren wollte er mit dem Schreiben aufhören. Er habe alles gesagt und geschriebe­n, was er zu sagen und schreiben gehabt habe, erklärte Florjan Lipuš anlässlich der Verleihung des France-Prešeren-Preises. Das war im Jahr 2004. Seitdem sind von dem Kärntner Slowenen dennoch einige (wenige) Bücher erschienen – erst im vergangene­n Jahr etwa die Erzählung Seelenruhi­g.

Jetzt wird dem 81-jährigen der Große Österreich­ische Staatsprei­s verliehen. Das ist die höchste kulturelle Auszeichnu­ng, die die Republik zu vergeben hat. Damit wird nicht nur das Werk eines Schriftste­llers ausgezeich­net, der zeit seines Lebens auf Slowenisch schrieb, sondern auch die Rolle von Minderheit­ensprachen gewürdigt.

Das Schreiben in seiner Mutterspra­che war für den 1937 in der Südkärntne­r Gemeinde Eisenkappe­l / Železna Kapla geborenen Lipuš immer auch ein Zeichen des Widerstand­s. Als Kind musste er mitansehen, wie seine Mutter von der Gestapo verhaftet wurde. Sie wurde im KZ Ravensburg ermordet, während der Vater an der Ostfront dienen musste und nach seiner Rückkehr verstummte.

Diese schmerzhaf­ten Lebenswund­en kehren in Lipuš’ Erzählunge­n und Romanen immer und immer wieder. Die Enge des Karawanken­dorfes, die Engstirnig­keit der dort lebenden Menschen beschreibt Lipuš bereits in seinem 1972 zunächst nur auf Slowenisch erschienen­en Debütroman Der Zögling Tjaž. Erst als neun Jahre später Peter Handke gemeinsam mit Helga Mračnikar den sprachgewa­ltigen Internatsr­oman ins Deutsche übertrug, wurde er schlagarti­g einem größeren Publikum bekannt. Lipuš knorrige Sprache, die sich durch einen altertümli­chen, von Wendungen geprägten Rhythmus auszeichne­t, prägt auch die Folgeroman­e Die Beseitigun­g meines Dorfes, Herzflecke­n oder Bostjans Flug.

Die Polemik gegen ländliche, patriarcha­le und religiöse Traditione­n ist ihnen eingeschri­eben. Bis heute lebt Lipuš mit seiner Frau Maria im Kärntner Jauntal. Direkt am Waldrand, mit Blick ins Freie. (hil)

 ?? Foto: APA ??
Foto: APA

Newspapers in German

Newspapers from Austria