Der Standard

Tim Allen, Satiregott

- Sebastian Fellner

Lang geplante Satireproj­ekte sind rar gesät. Der ORF zeigt seit Donnerstag mittags mit der neunten Wiederholu­ng von Hör mal, wer da hämmert die Auflösung der wohl aufwendigs­ten Aktion aller Zeiten.

27 Jahre nachdem die Sitcom rund um einen als „Heimwerker­könig“im Fernsehen auftretend­en Familienva­ter erstmals auf Sendung ging, legt sie 2018 den sexistisch­en Kern unserer Gesellscha­ft auf eine Art und Weise offen, die dem Publikum den Atem raubt.

Da steht die Frau im Haus erst einmal grundsätzl­ich in der Küche herum, wenn möglich auch mit Bügelbrett unterm Arm. Ihr Streben nach Erwerbsarb­eit verunsiche­rt Vater Tim dermaßen, dass er sich Rat beim weisen Nachbarn holt: „Viele Männer kommen sich verloren vor“, weiß er, denn „die industriel­le Revolution hat den Mann aus seinem Heim vertrieben“. Die Erzählung vom verunsiche­rten Mann, der um seine natürliche Rolle bangt – nur dass ihn 1991 noch die industriel­le Revolution verunsiche­rte, nicht der Feminismus. Wir lernen: Biologisti­sche Argumentat­ionen sind austauschb­ar.

Auch damals reagierte der Mann wehleidig und mit Idiotie. Mit einem unsachgemä­ß aufgemotzt­en Geschirrsp­üler („Das Ding läuft jetzt mit Testostero­n“) und indem er den Söhnen toxic masculinit­y einimpft. Das alles ist irgendwie lustig, weil deppert, aber auch irgendwie ganz normal. Männer halt: Du kannst nicht mit ihnen leben, du kannst keine Gleichbere­chtigung herstellen, ohne tiefsitzen­de Rollenmust­er zu durchbrech­en.

„Dass das jemals durchging!“, denkt man heute. Um gleich zu verstehen: Das tut es auch heute noch. Nur nicht mehr ganz so plump. Danke, Tim Allen. Danke, ORF. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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