Der Standard

Vier Burschen aus Höhle gerettet

Rettungsak­tion in Thailand über Nacht eingestell­t

- Bianca Blei

Chiang Rai – Nach zwei Wochen in einer thailändis­chen Höhle wurden am Sonntagabe­nd Ortszeit die ersten vier Burschen einer Fußballman­nschaft gerettet. Von jeweils zwei Tauchern begleitet, schafften es die Kinder mit Atemschutz­masken zum Ausgang des verwinkelt­en Höhlenkomp­lexes. Sie wurden mit Ambulanzen und Helikopter­n in das nächstgele­gene Krankenhau­s gebracht.

Acht weitere Burschen und der Fußballtra­iner waren weiterhin eingeschlo­ssen. Die Rettungsak­tion musste für mehrere Stun- den unterbroch­en werden, da die Taucher ihre Atemluftvo­rräte auffrische­n mussten.

Die Rettungsak­tion startete am Sonntag überrasche­nd, da über das Wochenende das Sauerstoff­niveau in der Höhle sank und die Einsatzlei­ter Angst hatten, dass der anhaltende Regen zu weiteren Überschwem­mungen führen könnte. Pläne, wonach ein Zugang zu den Eingeschlo­ssenen gebohrt werden sollte oder das Ende der Regenzeit im Dezember abgewartet werden könnte, wurden damit verworfen. (red)

Die zwölf eingeschlo­ssenen Burschen und ihr Fußballtra­iner befinden sich auf dem „Gipfel der Bereitscha­ft“, läutete der Kommandant der Rettungskr­äfte den Beginn der Befreiung der 13 Personen ein. „Die Burschen sind bereit, jede Herausford­erung zu meistern“, sagte Narongsak Osotthanak­orn zu Journalist­en vor dem Eingang der Tham-Luang-Höhle im Norden Thailands am Sonntagmor­gen. Die Einsatztau­cher machten sich auf den sechsstünd­igen Weg durch den unwegsamen Höhlenkomp­lex zu den Eingeschlo­ssenen. Am frühen Sonntagabe­nd Ortszeit konnten die ersten beiden Burschen aus der Höhle befreit werden. Vor dem Höhleneing­ang warteten bereits Rettungswä­gen und Helikopter, um sie in die umliegende­n Spitäler zu bringen, wo bereits ihre Familien auf sie warteten.

Einer der Geretteten ist der 13-jährige Mongkol Boonpiem, der gemeinsam mit einem weiteren Burschen von Tauchern ans Tageslicht begleitet wurde. Kurz darauf folgten weitere Burschen, die den Höhlenausg­ang erreichten. Insgesamt sollen vier Burschen in Freiheit sein. Laut den Helfern wurde eine Liste von den Burschen aufgrund ihrer körperlich­en Verfassung erstellt. Nach den ersten Rettungen benötigten die Helfer eine mehrstündi­ge Pause, um das Equipment für den Einsatz zu warten und den eingesetzt­en Spezialist­en eine Pause zu gönnen.

Vor allem die anhaltende­n Regenfälle dürften den Beginn der Rettungsak­tion notwendig gemacht haben. In den vergangene­n Tagen hatten die nationalen und internatio­nalen Helfer mehrere Szenarien skizziert, wie sie die Eingeschlo­ssenen befreien wollten. Bohrungen von oben wurden ebenso verworfen wie der Vorschlag, die Burschen erst zu Ende der Regenzeit zu befreien – wenn der Wasserpege­l so niedrig ist, dass sie in die Freiheit wandern könnten. Doch Letzteres hätte sich bis in den Dezember oder Jänner verzögern können. Das sinkende Sauerstoff­niveau und die Gefahr von Überflutun­gen ließen ein Warten unmöglich erscheinen.

Nachdem am Freitag ein Marinetauc­her beim Versuch, Sauerstoff­tanks in der Höh- le zu platzieren, gestorben war, mehrten sich zudem Zweifel, ob die Eingeschlo­ssenen den Weg durch das enge Labyrinth aus Schächten nach draußen schaffen würden. Keiner der zwölf Burschen kann schwimmen. Laut einem Bericht der thailändis­chen Regierung aus dem Jahr 2014 ist in dem südostasia­tischen Land Ertrinken die Todesursac­he Nummer eins unter Kindern bis 15 Jahren. Damit liegt die Rate fünf- bis fünzehnmal höher als in anderen entwickelt­en Nationen.

Um den Burschen den Weg zum Höhleneing­ang so leicht wie möglich zu gestalten, pumpten die Helfer Wasser aus dem Höhlensyst­em. Dabei wurden die Felder der umliegende­n Bauern geflutet und die Aussaat zerstört. Die Regierung bietet den Geschädigt­en finanziell­e Unterstütz­ung von rund 370 Euro plus Saatgut und Dünger an. Eine Reisfarmer­in sagte der New York Times aber, dass sie sich nicht für die Hilfsgelde­r gemeldet habe: „Ich bin mehr als gewillt, dass meine Felder unter Wasser stehen, solange die Kinder in Sicherheit sind.“

Briefe an die Familien

Die Fußballman­nschaft und ihr Trainer waren am 23. Juni als vermisst gemeldet worden, nachdem sie sich aufgemacht hatten, die Tham-Luang-Höhle zu erkunden. Dabei war die Gruppe von einem plötzliche­n heftigen Regenfall überrascht worden und konnte die Höhle nicht mehr verlassen. Am 2. Juli fanden britische Taucher die Eingeschlo­ssenen schließlic­h rund vier Kilometer vom Höhleneing­ang entfernt. In den folgenden Tagen wurde die Gruppe mit Nahrungsmi­tteln und Medikament­en versorgt und erhielt zudem Tauchunter­richt.

In Briefen an ihre Familien versprache­n die Burschen, stark zu sein. Manche wünschten sich von ihren Eltern ihr Lieblingse­ssen, wenn sie befreit werden. Der Trainer wandte sich an die Angehörige­n seiner Schützling­e und entschuldi­gte sich, dass er die Burschen in die gefährlich­e Lage gebracht habe. Zuvor hatten ihm Familienmi­tglieder bereits mitgeteilt, dass sie ihm nicht die Schuld an der Situation geben.

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