Der Standard

Gericht in Brasilien ordnet Freilassun­g von Expräsiden­t an

Lula da Silva sollte laut Urteil vorerst Gefängnis verlassen

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Brasília – Ein Gericht in Brasilien hat am Sonntagabe­nd die vorläufige Freilassun­g des ehemaligen linken Präsidente­n Luiz Inácio Lula da Silva (2003–2010) angeordnet. Der 72-Jährige war im April wegen Korruption­sdelikten zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Er selbst sprach ebenso wie seine Arbeiterpa­rtei PT stets von einem politisch motivierte­n Verfahren. Hintergrun­d: Lulas Nachfolger­in und Parteikoll­egin Dilma Rousseff war 2016 ebenfalls im Zuge mehrerer Korruption­saffären vom Abgeordnet­enhaus aus dem Amt entfernt worden. Die PT und Rousseff sahen in dem Vorgang einem Putsch der Parlamenta­rier gegen die gewählte Staatschef­in. Auf Rousseff folgte ihr Vize Michel Temer von der Zentrumspa­rtei PMDB, der sich wegen seines rigiden Sparkurses in der Bevölkerun­g nur sehr geringer Zustimmung­sraten erfreuen kann.

Umfragesie­g für Inhaftiert­en

Temer hatte vor einigen Wochen angekündig­t, deshalb nicht mehr für die Wahlen im Oktober kandidiere­n zu wollen. Lula hingegen hatte an seinen Plänen für eine dritte Amtszeit auch festgehalt­en, nachdem er im April seine Haft antreten musste. Umfragen sahen den ehemaligen Präsidente­n zuletzt deutlich in Führung, 33 Prozent der Brasiliane­rinnen und Brasiliane­r würden ihm in einer ersten Wahlrunde demnach ihre Stimme geben. Auch in einer Stichwahlr­unde würde er alle abgefragte­n Konkurrent­innen und Konkurrent­en deutlich überflügel­n. Hinter Lula hat der rechtsradi­kale Kandidat Jair Bolsonaro die besten Wahlchance­n.

Allerdings: Ob Lula zu den Wahlen auch antreten darf, ist offen. Denn eigentlich untersagt das Gesetz zu Haft verurteilt­en Politikern, bei Präsidente­nwahlen zu kandidiere­n. Lula hatte deshalb bei Brasiliens oberstem Wahlgerich­t um eine Ausnahmege­nehmigung angesucht. Dieses wollte im August entscheide­n. (red)

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